Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des Zwanzigsten Jahrhunderts (Teil 3)

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behrung kennen. Aufmerksam hatte er auf alle Vorgänge acht und horchte 
auf die Mahnung seiner Mutter, als sie zu ihm und dem Kronprinzen 
sprach: „Werdet Männer, Helden und befreiet das Vaterland vom Drucke 
der Fremden". Seine Mutter liebte er über alles. Als einst die Prinzen 
mit der Mutter auf einer Ausfahrt in die Umgebung von Königsberg 
rasten mußten — es war ein Rad des Wagens gebrochen —, da setzte 
sich die Königin, traurig über die trübe Zeit der Fremdherrschaft, auf 
einen Feldstein. Prinz Wilhelm und sein Bruder hätten sie gern erfreut. 
Da sie nun nichts hatten und auch nichts anderes fanden, womit sie der 
Mutter Freude machen konnten, pflückten sie eine Menge blauer Korn¬ 
blumen und brachten sie ihr. Sie flocht daraus Kränze und setzte diese 
den Kindern auf. Diesen Vorfall vergaß Wilhelm nie, und die blaue 
Kornblume ist bis an sein Lebensende seine Lieblingsblume geblieben. 
Erläuterungen. — Erzähle: Die Unglücksjahre. 
c) Die Gesundheit des Prinzen hatte sich unterdes immer mehr 
gekräftigt. Wenn das Fieber ihn packen wollte, so nahm er alle Willens¬ 
kraft zusammen, um die Anfälle zu überwinden. Nach einer letzten schweren 
Erkrankung, in der er mit dem Tode rang, hatte er die Beschwerde 
überstanden. Noch mehrere Jahre lang mußte er sich allerdings schonen; 
aber so ängstlich wie früher brauchte er nicht mehr um sich besorgt zu sein. 
Den ersten geregelten Unterricht nach der Kriegszeit empfing er in 
Königsberg. Dort lernte er bei dem Seminardirektor Zeller, der ein 
Schüler Pestalozzis war, und daneben wurde er von Offizieren militärisch 
ausgebildet. Eine besonders große Gelehrsamkeit wie sein Bruder Friedrich 
Wilhelm hat Prinz Wilhelm nie entfaltet. Aber Soldat war er mit 
Leib und Seele. In seinem Wesen schlug er dem Vater nach. „Unser 
Sohn Wilhelm", schrieb einst die Königin Luise, „wird, wenn mich nicht 
alles trügt, wie sein Vater, einfach, bieder und verständig; auch im 
Äußeren hat er die größte Ähnlichkeit mit ihm." 
Erläuterungen. — Erzähle: Die Erziehung des Prinzen. 
(1) Die teure Mutter verlor der Prinz, als er dreizehn Jahre alt 
war. Drei Jahre später begann der Kampf gegen die Fremdherrschaft. 
Der Kronprinz zog mit aus, aber den Prinzen Wilhelm hielt der König 
zurück. „Nicht stark genug sein, daheim bleiben müssen", sagte er. Als 
aber dann Alldeutschland nach Frankreich hinein rückte, da bat der Prinz 
so dringend, den „Ofen" verlassen zu dürfen, daß ihn der Vater doch 
kommen ließ. Und siehe, gleich in der ersten Schlacht (bet Bar-sur-Aube) 
ritt der siebzehnjährige Prinz wacker mitten durch den heftigsten Kugel¬ 
regen und bewies sich äußerst tapfer. Er hatte die Feuertaufe empfangen. 
Als Hauptmann zog er mit in Paris ein. 
Erläuterungen. — Erzähle: Die Teilnahme an den Be¬ 
freiungskriegen.
	        
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