Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des Zwanzigsten Jahrhunderts (H. 3)

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ist ein Volksheer, und jeder Deutsche, der durch Untersuchung für befähigt 
erklärt wird, ist dienstpflichtig. Die Wehrpflicht beginnt mit dem Anfange 
des Jahres, in welchem der Pflichtige 20 Jahre alt wird. Die Friedens¬ 
stärke des Heeres wird durch Reichsgesetz auf eine bestimmte Reihe von 
Jahren festgesetzt. Sie beträgt noch nicht ein Prozent der Bevölkerung, 
etwa 500 000 Mann. Im Kriegsfälle kann das Reich alles in allem etwa 
4 Millionen Soldaten aufstellen. 
Das Heer teilt sich in Linie (stehendes Heer), Reserve, Landwehr 
ersten und zweiten Aufgebots und Landsturm. Der Dienst im stehenden 
Heere (bei der Fahne) dauert 2 (für Einjährig-Freiwillige 1), für Kavallerie 
und reitende Artillerie 3, der in der Reserve 5 bezw. 4 Jahre. Mit 
27 Jahren tritt der Dienstpflichtige in die Landwehr I. Aufgebots über; 
vom 32 bis 39 Jahre gehört er der Landwehr II. Aufgebots an. Die 
Ersatzreservepflicht dauert 12 Jahre. Der Landsturm (ebenfalls in zwei Auf¬ 
geboten) besteht aus allen tauglichen Wehrpflichtigen vom 17. bis 39. bezw. 
45 Lebensjahre, die nicht gedient haben; er wird nur im Kriegsfälle zur 
Verteidigung des Vaterlandes aufgeboten. 
Das deutsche Kriegsheer bildet ein einheitliches Heer, über das im 
Kriege der Kaiser als oberster Feldherr den Oberbefehl führt. Auch im 
Frieden sind ihm das preußische Heer und die übrigen deutschen Truppen 
außer den bayrischen unterstellt. Die Linienarmee besteht aus dem preußischen 
Gardekorps und XXII Armeekorps. 
Im Frieden sind die Soldaten in einzelnen Städten als Besatzung 
(Garnison) in Kasernen untergebracht. Die F estungenKönigsberg, Danzig, Grau- 
denz, Thorn, Posen, Glogau, Küstrin, Wesel, Magdeburg, Köln, Koblenz, Mainz, 
Metz, Straßburg, Ulm dienen zum Schutze des Landes, besonders der Grenzen. 
Zu dem Heere der Heimat kommen dann noch die Kolonial- oder 
Schutztruppen in den Kolonien oder Schutzgebieten in Afrika, Asien und 
Australien. Sie werden gesondert ausgerüstet und befehligt. 
Nach der Bewaffnung unterscheidet man beim Heere Infanterie 
(Fußsoldaten), Kavallerie (Reiter) und Artillerie (Kanoniere) als kämpfende 
Soldaten; dazu kommen Train, Pioniere und Genietruppen. 
Das Bataillon Infanterie besteht aus vier Kompagnien (im Kriege 
je 250 Mann). Drei Bataillone bilden ein Regiment, zwei Regimenter 
mit Artillerie eine Brigade, zwei Jnfanteriebrigaden und eine Kavallerie¬ 
brigade (2 Regimenter zu je 5 Eskadrons) mit Artillerie eine Division, 
zwei Divisionen ein Armeekorps, mehre Armeekorps (mindestens zwei) eine 
Armee. Die nicht kämpfenden Truppen sind auf die Divisionen verteilt. 
Ein Armeekorps ist im Kriege mindestens 36000 Mann stark 
Die kommandierten Soldaten heißen einfach Soldaten. Die Komman¬ 
dierenden werden nach Stufen und nach dem Rang eingeteilt. Diese folgen 
von unten nach oben also: Gefreiter, Unteroffizier,' Sergeant, Feld¬ 
webel (Wachtmeister) als niedere Stufen, Leutnant, Oberleutnant, Haupt¬ 
mann (Rittmeister), Major, Oberstleutnant, Oberst als mittlere Stufen, 
Generalmajor, Generalleutnant, General der Infanterie (Kavallerie, 
Artillerie), Generalfeldmarschall (Generaloberst, Generalfeldzeugmeister) 
als höchste Stufen. Die Division und das Armeekorps haben einen General- 
stab; über allen steht der Große Generalstab.
	        
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