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Faver) und Gambetta. Sie riefen das Volk zur allgemeinen Bewaffnung auf. Alle
waffeufähigen Franzosen scharten sich um die Fahnen der Republik und bildeten
teils regelmäßige Heere, teils einzelne Banden von Freischärlern, Franctireurs (spr.
Franktirör) genannt. Aus fremden Ländern kamen Freiwillige, welche für die Re¬
publik schwärmten, herbei; auch der alte Garibaldi erschien mit einer Freischar.
Die deutschen Heere rückten unaufhaltsam nach Paris vor. Am 19. September
erreichten sie diese durch mächtige Festungswerke geschützte Stadt von 11 Meilen im
Umfange und begannen die' Belagerung. Die Armee des Kronprinzen von Sachsen
schloß sie im Norden, die des Kronprinzen von Preußen im Süden und Westen ein.
Die übrigen deutschen Heeresabteilungen zwangen die französischen Festungen im Osten
des Landes zur Übergabe. Schon am 24. September mußte sich Toul (spr. Tuhl)
dem Großherzoge von Mecklenburg-Schwerin ergeben. Die Festung Straßbnrg,
welche der General D. Werder seit dem 24. August beschießen ließ, kapitulierte
nach tapfrer Gegenwehr am 27. September auf Gnade und Ungnade. Auch
Metz mußte sich, nachdem alle Ausfälle Bazaines (22., 23. und 27. September,
2. und 7. Okt.) erfolglos gewesen waren, am 27. Oktober ergeben. Gegen
180000 Mann mit 3 Marschällen und 50 Generälen wurden zu Kriegsgefangenen
gemacht, über 1400 Geschütze und 300000 Gewehre erbeutet. In Folge dieses
gewaltigen, in ganz Deutschland mit einem ungeheuren Jubel aufgenommenen Er¬
eignisses ernannte der König Wilhelm den Kronprinzen Friedrich Wilhelm von
Preußen und den Prinzen Friedrich Karl zu Feldmarschällen und erhob den General
v. Moltke, den weltberühmten Schlachtendenker, in den Grafenstand.
Indessen hatte die französische Regierung, welche seit der Einschließung von Paris
in Tours (spr. Tuhr) weilte, drei neue Armeen aufgestellt: die West- oder Loire-
armee, die Nordarmec und die Siidarmee.
Gegen die Loire-Armee kämpften der bairische General von der Tann, der
sie am 11. Okt. bei Artenay (spr. Artneh), 3 Meilen nördlich von Orleans, in die
Flucht schlug, und der Großherzog von Mecklenburg. Nach der Übergabe von
Metz kam ihnen Prinz Friedrich Karl zu Hilfe. Die Franzosen wurden am 28.
November bei Bcanne la Rolande (spr. Bohn la Rolangd) und am 3. Dez.
bei Artenay entscheidend geschlagen und in wilde Flucht gejagt. Die Deutschen besetzten
Orleans. Die durch neue Verstärkungen gebildeten französischen Heere unter dem General
Chanzy (spr. Schangsi) und dem General Bourbaki (spr. Burbaki) wurden in
mehreren Gefechten besiegt. Bourbaki zog mit seiner Armee nach Osten, um die
von den Deutschen belagerte Festung Belsort (spr. Belfohr) zu befreien und dem Be¬
lagerungsheere vor Paris die Verbindung nach Deutschland abzuschneiden. Chanzy
wurde von Friedrich Karl in der dreitägigen Schlacht bei lc Mans vom
10.—12. Jan. geschlagen und sein Heer vernichtet.
Gegen die französische Nordarmee zog nach dem Falle von Metz die erste Armee
unter dem General von Mantcuffel und schlug sie am 27. Nov. und am 23.
Dez. bei Amiens und am 2. und 3. Jan. 1871 in der Schlacht bei Bapaume
(spr. Bapohm). Der General v. Goeben sprengte die Nordarmee am 19. Jan.
durch den Sieg bei St. Ouentin (spr. Kantensg)).
Die Südarmee, größtenteils aus Freischaren unter Garibaldis Führung be¬
stehend, wurde erfolgreich durch den General von Werder bekämpft. Als er nach
der Eroberung von Dijon die Festung Belfort (spr. Belfohr) belagerte, zog Bour¬
baki zum Entsätze heran. Das aus nur 40000 Mann bestehende deutsche Heer schlug
den Vortrab des französischen am 9. Jan. bei Villersepel und hielt das dreimal
stärkere Heer Bourbakis durch die dreitägige Schlacht bei Montbeliard (spr. Mong-