Full text: Die organische Eingliederung der Heimat- und Stammesgeschichte in die Reichsgeschichte

— 13 — 
großen, gemeinsamen Vaterlande. Diese Beziehungen müssen im 
Unterrichte klar hervortreten, damit die Heimat nleLpin lebendiges 
fflsieh h<>a Unterlandes erscheint. Bei der Berücksichtigung der 
Beziehungen zwischen Heimat und Vaterland berührt man aber 
ungesucht ein Gebiet, das zwischen beiden liegt und das nicht um¬ 
gangen werden kann: es ist das Gebiet der „weiteren" Heimat 
oder des „engeren" Vaterlandes, wie es uns in den einzelnen 
deutschen Bundesstaaten entgegentritt, wie es in Preußen durch die 
Gebiete der einzelnen Provinzen bezeichnet wird. Diese einzelnen 
Gebiete erscheinen der Heimatgegend gegenüber als Heimatland 
oder als Stammland. Die aus diesem Gebiete erforderlichen 
historischen Stoffe bezeichnen wir mit dem besonderen Namen 
„Stammesgeschichte". 
Was berechtigt uns zu dieser Bezeichnung? 
Der Begriff der Stammesgeschickte bezeichnet zunächst den 
Ausschnitt aus der ReichsgeschiHte^ der die historische Entwickelung 
eines der deutschen Volksstämme bietet, welche uns beim Entstehen 
des alten Deutschen Reiches als Sachsen, Franken, Bayern, 
Schwaben und Lothringer entgegentreten. Die ursprünglichen 
Bestandteile der Stämme sind die altdeutschen Völkerschaften, welche 
sich erst während und nach der Völkerwanderung zu größeren 
„ Verbänden, den Stammesherzogtümern, zusammenschlossen. Einige 
* Völkerschaften, z. B. die Friesen, blieben selbständig und vereinigten 
sich nicht mit den Stämmen; andere, wie Hessen und Thüringer, 
behielten auch innerhalb der Stammesgemeinschaft ihre Eigenart 
bei; an anderer Stelle, wie im Osten der Elbe, mischten sich 
^ deutsche und slavische Völkerschaftselemente, so daß auch hier manche 
Besonderheit sich zeigte und ausbildete. Die Fortentwickelung alter 
Völkerschaftseigenart sowohl wie die Neubildung derselben infolge 
umJ* Mschung verschiedener Nationalitäten gaben verschiedenen 
-^Völkerschaften eine Bedeutung, die derjenigen der Stämme ähnlich 
toQL Die eintretende Erblichkeit der großen und kleinen Lehen 
zersplitterte allerdings die früheren einheitlichen Stammesgebiete 
politisch derart, daß die Stammesgrenze hier und da stark ver- 
McU- - wischt und mancher deutsche Reichsstand sich seiner Stammes- 
■s&Ar/w Zugehörigkeit kaum noch bewußt war. Indes die im Volkstum, in 
—Sprache, Sitte, Brauch, Rechtsanschauung u. ct. begründete Eigenart 
überdauerte die politische Zersplitterung, und als durch die selb- 
^ ständige Fürstenmacht und die Fremdherrschaft der Zersplitterung 
in der Staatenbildung Einhalt geboten wurde und die größeren 
Staatsgebiete infolge des Reichsdepntationshauptschluffes und des 
Wiener Kongresses sich erweiterten, da fanden durchweg die alten 
Stammesgrenzen die wünschenswerte Beachtung, so daß wir heute 
in den größeren Bundesstaaten des Reiches sowohl wie in den 
Provinzen des preußischen Staates stammesähnliche Reichs- oder
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.