Full text: Die organische Eingliederung der Heimat- und Stammesgeschichte in die Reichsgeschichte

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steht, muß sie beseitigt werden. So lange der Unterricht in einer 
Hand liegt, mag's ja noch angehen; wie aber, wenn er doch 
einmal in mehrere Hände kommt?! Dann geschieht's zum Schaden 
des Unterrichts und des Schülers, dem hier noch nicht in syste¬ 
matischer Trennung zu bieten ist, was Gott in der Heimat zu¬ 
sammengefügt hat. 
Ich gehe jedoch noch einen Schritt weiter, indem ich nun auch 
den Anschauungsunterricht des ersten und zweiten Schuljahres 
vom Standpunkte der Heimatgeschichte aus in den Kreis dieser 
Betrachtung ziehe. 
Der Anschauungsunterricht wird gewöhnlich dem Gebiete des 
Sprachunterrichts zugewiesen — nicht ohne Grund, denn die sprach¬ 
liche Schulung ist einer seiner nächsten Zwecke. Die Sprache kann 
hier aber nur an der Benennung und Besprechung realer Dinge 
mit Erfolg geübt werden, und es ist nur naturgemäß, wenn der 
Anschauungsunterricht seine „Gegenstände" in der nächsten Um¬ 
gebung des Schülers, d. h. in seiner Heimat findet. Vorwiegend 
sind diese Gegenstände allerdings naturkundlicher Art aus leicht 
ersichtlichen Gründen. Allein bei genauerm Zusehen entdecken wir 
auch Stoffe, die der späteren Erdkunde dienen, und solche, die dem 
Menschenleben der Gegenwart entnommen sind und somit der 
Volks- und Kulturkunde, d. h. dem spätern Geschichtsunterrichte 
vorarbeiten. So wird beispielsweise neben Tulpe, Star, Katze u. s. w. 
auch der Teich, die Wiese, das Feld, der Bach u. a. und daneben 
die Kirche, der Hausbau, die Brotbereitung, das Familienleben u. a. m. 
besprochen. Der Anschauungsunterricht sucht also seinen Stoff nicht 
nur in demselben Gebiete wie die Heimatkunde, sondern er berück¬ 
sichtigt auch dieselben Gruppen bei seiner Stoffauswahl, nämlich 
naturkundliche, erdkundliche und volkskundliche Gegenstände. Daraus 
ergiebt sich, daß der Anschauungsunterricht seinem Stoffe nach 
denselben propädeutischen Wert für die drei Realsächer hat wie die 
Heimatkunde des dritten Schuljahres. In der Behandlung des 
Stoffes kann kein wesentlicher Unterschied liegen, denn hier sowohl 
wie dort muß anschaulich verfahren werden. Anschauungs¬ 
unterricht und Heimatkunde sind also ihrem Wesen nach 
dasselbe. Warum aber für dieselbe Sache verschiedene Namen?! 
Mit Recht ist die Bezeichnung Anschauungsunterricht für eine 
Disciplin schon oft bemängelt worden, weil es nicht angängig 
erscheint ein Unterrichtsfach nach einem Merkmal zu bezeichnen, 
das allen Unterrichtsfächern in gleicher Weise eigen sein muß. 
Die Bezeichnung sollte daher endlich sowohl bei Lehrern wie bei 
den Behörden verschwinden, um dem Namen „Heimatkunde" schon 
vom ersten Schuljahre an Platz zu machen. 
Für diese Bezeichnung spricht noch ein anderer Umstand. Es 
wird dadurch ausgesprochen, daß dieser Unterricht von seinen An- 
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