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und die reisigen Vasallen das eigentliche Heer bildeten. Wer Ritter werden wollte,
mußte einem ritterbürtigen Geschlechte angehören. Die ersten 6 Jahre blieb
der Knabe unter der Aufsicht der Mutter; nachher wurde er als Edelknabe oder ($r$je6img
Bube an den Hof des Lehnsherrn oder eines fremden Ritters geschickt, wo er kleine b-s Ritters,
dienstliche Verrichtungen zu thun hatte, in Gottesfurcht und feiner Sitte unterwiesen
wurde und die ritterlichen Spiele erlernte. Im 14. Jahre erhielt der Junker oder
Knappe einen Degen, mußte von jetzt an die Pferde und Waffen seines Herrn
besorgen, ihn begleiten nnd im Kampfe aus bem 2. Gliede mitstreiten. So vorbe¬
reitet gelangte der Knappe endlich zur Ritterwürde, welche unter großen Feier¬
lichkeiten ertheilt wurde. Nach strengem Fasten brachte der Knappe die Nacht mit
einem Priester und Pathen im Gebete zu, empfing das Schwert und das heilige
Abendmahl. Dann gelobte er eidlich Gott zu fürchten und zu ehren, täglich die
heilige Messe zu hören, für den christlichen Glauben zu streiten, die Kirche und ihre
Diener zu schützen, die Unschuld zu schirmen, dem Vaterland zu helfen, dem Kaiser
zu gehorsamen, das gegebene Wort zu halten und tadellos vor Gott und den Men¬
schen zu wandeln — und empfing hierauf die Abzeichen des Ritterstandes, die gol¬
denen Sporen, das Panzerhemd, den Harnisch, die Armschienen,
die Handschuhe und das Wehrgehänge. Vor dem Altare kniend erhielt er
mit der flachen Degenklinge 3 Schläge auf Hals oder Schulter; dies war der so¬
genannte Ritterschlag, dei welchem die Worte üblich waren: ,,Jm Namen D-r
Gottes, des heilig en Michael und G eorg schlage ich dich zum R{t,Stoterfäiag.
t er!" Mit Helm, Schwert, Schild und Lanze schwang sich der neue Ritter auf ein
geschmücktes Roß und sprengte davon. Geschah der Ritterschlag nicht auf dem
Schlachfelde, vor oder nach der Schlacht, so wählte man dazu hohe Feiertage und
verband mit demselben ein Turnier. Das Ritterthum duldete keine Beleidigung
und sühnte dieselbe im Zweikampfe. Der Herausfordernde warf dem Gegner den Zweikampf
Handschuh vor die Füße; hatte ihn dieser aufgehoben, so war dies ein Zeichen,"^ Türmer,
daß er den Zweikampf angenommen habe und vor Zeugen auskämpfen wolle. Die
Turnier e waren festliche Kampfspiele, bei welchen der Ritter seine Gewandtheit
zeigen sollte. Schon lange vorher verkündeten besondere Herolde die Anordnung
eines Turniers. Wer an demselben als Kämpe sich betheiligen wollte, schrieb seinen
Namen bei den Turniervögten ein uud bewies seine Ehrenhaftigkeit und Tur¬
nierfähigkeit. Zu dem Zwecke mußte man durch die Ahnenprobe nachweisen,
daß man mindestens 4 ebenbürtige Ahnen habe. Wer in eine Stadt zog, um kauf¬
männische Geschäfte zu treiben, wer die Tochter eines Bürgers oder Bauers heirathete,
hörte für sich und seine Nachkommen auf, turnierfähig zu sein. Mehrere Tage vor
dem Beginne der Turniere wurden Wappen und Helme, Rosse, Lanzen, Streit¬
kolben, Schwerter nnd Rüstungen der Angemeldeten geprüft. Der Turnierplatz
war mit doppelten Schranken umgeben, hinter welchen sich die Sitze der Zuschauer
erhoben. Unter dem Klange kriegerischer Trompeten zogen die Kämpfenden, je nach¬
dem das Loos sie zusammenführte, in die Schranken, und nachdem ihre Namen ver¬
kündet worden, gab der Turniervogt unter Trompetenschall das Zeichen zum Angriff.
In vollem Galopp, mit eingelegter Lanze sprengten die Kämpfer auf einander los,
und wer durch einen gewaltigen Stoß seinen Gegner aus dem Sattel hob, galt als
Sieger. Ost brachen die Lanzen, ohne daß einer der Kämpfenden den Sand küßte
oder bügellos wurde. Es mußten darum nicht selten mehrere Lanzen gebrochen
werden, bis ein Sieger hervorging. Verwundungen und noch gefährlichere Unglücks-
fälle waren nicht zu vermeiden, so daß die Geistlichen gegen die Turniere Einsprache