Full text: Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte

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Verfahren unzufrieden; der sonst so milde Melanchthon war mit dem Rathe und 
Calvin in dieser Sache ganz einverstanden. Mit Zwinglis Anhängern in Zürich 
hatte sich 1549 Calvin so weit geeinigt, daß sie keine getrennte Kirche bil¬ 
den wollten. Calvin starb 1564. 
Die wesentlichen Unterschiede der reformirten Kirche von der lutherischen waren: nueifäiebe 
1) die Einrichtung der Presbyterien; 2) die Beobachtung der größten Einfachheit im ^«"und' 
Gottesdienste; 3) die Lehre vom Abendmahl, welches Zwingli als ein Gedächtnis-reformirten 
mahl auffaßte, während Calvin dabei eine Erhebung der Seele zu Christo annahm; 4) die Ä'r^e‘ 
durch Calvin aufgestellte Lehre von der Prädestination, wonach der Mensch, dessen 
Willen unfrei ist, nur durch die Gnade und Vorherbestimmung Gottes zur Seligkeit 
gelangt. 
§ 92. 
Die Rührigkeit der römischen Kirche. 
Die Reformation regte in der römischen Kirche das Bestreben an, ihr Bestehen^ Stiftung 
zu sichern, den verlorenen Boden wieder zu erringen und neuen zu gewinnen. Diefe^A^A- 
Absicht zeigt deutlich die Stiftung des Jesuitenordens. 
Ignatius Loyola (1491—1556), der Sohn eines spanischen Edelmanns, war 
bei der Vertheidigung von Pampelona durch schwere Verwundung zu fernerem 
Kriegsdienst untauglich geworden und durch Ritter- und Heiligengeschichten, die er 
während seines Krankenlagers gelesen hatte, zum Entschluß gelangt, sich der geist¬ 
lichen Ritterschaft zu widmen. In seinem 31. Jahre erlernte er in Barcelona die 
lateinische Sprache, besuchte die Universitäten Salamanca und Paris und verband 
sich hier (1534) mit 6 Freunden zu einem Orden, dessen Mitglieder neben den 3 
Mönchsgelübden, sich noch zu einem vierten, dem des unbedingten Gehorsams gegen 
den Papst veipflichteten und die Vertheidigung der päpstlichen Macht zur 
Hauptaufgabe machten. 1540 eihielt der Orden der Jesuiten die päpstliche 
Bestätigung. An der Spitze des Ordens steht ein General in Rom; der erste 
war Ignatius selbst, der zweite Lainez und der fünfte Aquaviva. Die beiden 
letzteren vollendeten die innere Gliederung des Ordens. Die Persönlichkeit des 
Einzelnen muß sich dem Ganzen fügen; der Orden verlangt ein gemeinsames Stre¬ 
ben, einerlei Rede; er kennt keinerlei Widerspruch. Alle Glieder des Ordens sind 
in 4 Klassen getheilt; die höchste ist die der Professen, aus denen die Oberen ^""selben"? 
des Ordens, die Superioren und Rectoren hervorgehen, die zweite die der 
Eoadjutoren, der Vorsteher der einzelnen Collegien; die dritte die der Schola¬ 
stiker, welche sich mit dem Studium der Wissenschaften beschäftigen; die vierte bilden 
diejenigen, welche ohne besondere Bestimmung ausgenommen sind. Dem General zur 
Seite stehen 5 Assistenten als Rathgeber und Stellvertreter, unmittelbar unter ihm 
die Superioren und Rectorcn. Cr allein befördert von einer Stufe zur anderen. Jedes 
Mitglied hat seinen Aufpasser; einer wird durch den andern beobachtet, überwacht 
und angegeben. Alle Woche müssen die Jüngern einmal beichten und ihre geheimsten 
Gedanken offenbaren. Alle Glieder hängen eng mit einander zusammen und werden 
vom General geleitet. An ihn ergehen aus allen Gegenden der Welt zu bestimmten 
Zeiten Berichte über die Ordensglieder aller Grade ein. 
Die Jesuiten griffen bald in alle Verhältnisse des Lebens ein, und da man nur <Finffu6 ber 
Leute von anerkannter Klugheit und Gewandtheit in den Orden aufnahm, so erschie- Jesuiten, 
nen sie in kurzer Zeit als die beliebtesten Prediger und Beichtväter, die
	        
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