Full text: Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte

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selbst überhand; der Kurfürst August von Sachsen sah sich deshalb veranlaßt, im 
Kloster Bergen bei Magdeburg die Con cordiensormel, abfassen zu lassen (1580), 
welche aber nicht von allen Lutheranern angenommen wurde. 
Maximilian hatte, wie sein Vater, blutige Kämpfe mit den Türken zu bestehen. 
1566 war der Sultan Sol im an nach Ungarn gekommen und hatte die Festung 
Szigeth belagert. Graf Zriny konnte sie nicht länger halten; er fiel bei einem 
Ausfalle, und seine Freunde sprengten sich mit den einbringenden Türken in die 
Luft. 
Rudolf II. Rudolf II. (1576—1612) hatte längere Zeit am Hofe Philipps II. gelebt 
1576—1612* unb dessen Unduldsamkeit und Vorliebe für die Jesuiten angenommen. Während 
er sich gelehrten Studien hingab und mit Johannes Keppler und Tycho de 
Brahe den Laus der Gestirne beobachtete, besorgten seine Günstlinge die Regie¬ 
rungsgeschäfte. Bei seiner Thronbesteigung herrschte in Deutschland die prolestan- 
isbt die tische Lehre vor; die Uneinigkeit der Protestanten und die Thätigkeit der Jesuiten 
«gieren änderten dies Verhältnis zum Nachtheil der Reformation. Maximilian von 
Baiern, welcher auf der Jesuitenschule zu Ingolstadt seine Studien gemacht hatte, 
und Erzherzog Ferdinand von Steiermark fingen an, trotz des Augsburger 
Religionsfriedens die Reformation zu unterdrücken. Ihrem Beispiele folgten der 
Erzbischof von Wien, Melchior Clefel und der Erzherzog Matthias. Die 
Jesuiten wußten unter ihm den Reichshofrath in Wien und das Reichs¬ 
kammergericht mit ihren Anhängern zu besetzen und veranlaßten katholische Fur- 
Gewatt- sten zu gewaltsamen Maßregeln. So ward die Stadt Donauwörth wegen Stö- 
SÄ11 rung einer Procession geächtet und von Maximilian von Baiern unter Vertreibung 
Protestanten, der Protestauten der Reichsfreiheit beraubt (1607). 
In Aachen wurden die Reformirten, als sie auf Verweigerung ihrer tForde¬ 
rungen den Magistrat vertrieben hatten, sämmtlich mit Hilfe spanischer Truppen 
ausgewiesen (1609). Um weiteren Verletzungen des Augsburger Religionsfriedens 
Bildung der vorzubeugen, gründete Friedrich IV. von der Pfalz 1608 die Union protestantischer 
und^r°Liga.Reichsstände. Dagegen errichtete 1609 Maximilian von Baiern die katholische 
Liga; mit der Union waren Frankreich unter Heinrich IV. und Holland verbündet. 
Rudolf II. Nach der Schlacht bei Mohacs (1526) war Böhmen an Oesterreich gekommen. 
Majestät": Ferdinand I. und Maximilian II. hatten die Protestanten daselbst nicht beeinträch- 
brief 1609. tigt, Rudolf zeigte sich ihnen feindlich. Auch die Ungarn drückte er ihres Glaubens 
halber, unb obwohl sich bieselben seit 1593 ber Türken hatten erwehren müssen, 
hatte Rubolf sie boch fast vergessen. Da empörten sich die Ungarn unter Stephan 
Bocskay und sagten sich von ihm los. Dies veranlaßte die österreichischen Erz¬ 
herzoge, des Kaisers Bruder Matthias zum Haupte ihres Hauses zu erklären, wel¬ 
cher die Ungarn beschwichtigte und Rudolf II. zwang, ihm Oesterreich, Ungarn und 
Mähren abzutreten und die Anwartschaft auf Böhmen zu ertheilen. Matthias aber 
mußte den Protestanten Glaubensfreiheit und ungehinderte Religions¬ 
übung zugestehen. Die Böhmen richteten ein gleiches Gesuch an Rudolf II., wel¬ 
cher durch ihre drohende Haltung erschreckt den berühmten Majestätsbrief 
gewährte, welcher ihnen das Recht Kirchen und Schulen zu bauen einräumte (1609). 
Rudolf suchte Böhmen seinem Bruder vorzuenthalten; allein Matthias erschien mit 
einem Heere vor Prag, besetzte bie Stadt unb zwang ben Kaiser, ihm auch noch 
Böhmen, Schlesien unb die Lausitz abzutreten. Der länderlose Kaiser, welcher die 
1612—1619. Kurfürsten um eine Geldunterstützung bitten ließ, starb bald darauf lebenssatt und 
unbeweint (1612). Ihm folgte der kinderlose, bejahrte Matthias (1612—1619),
	        
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