Full text: Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte

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6) Brande nburg erhält Hinterpommern und wird mit den Stiftern Min- 
ben, Halberstadt, Kamin und Magdeburg für seine Ansprüche auf Vorpommern ab¬ 
gefunden. 
7) Mecklenburg erhält die Bisthümer Schwerin und Ratzeburg. 
8) Baiern wird die Oberpfalz nebst der Kurwürde zuerkannt; die Rheinpfalz 
bekommt nebst der achten, neu errichteten Kurwürde der Sohn des geächteten Königs 
Friedrich von Böhmen. 
9) Die Unabhängigkeit der Niederlande von Spanien und der 
schweizerischen Eidgenossenschaft vom deutschen Reich wird aner- 
sannt. 
Folgen 
des Krieges. Elend nnd Un gemach herrschte ant Ende des Kriegs in allen Gauen unseres 
deutschen Vaterlandes. Mit Blut über und über getränkt, mit Brandstätten und 
Schutthaufen allenthalben bedeckt, von räuberischem Gesindel heimgesucht, bot es 
einen bejammernswerten Anblick. Tausend Ortschaften lagen in Trümmern; in 
Thüringen stand meilenweit fein Dorf, kein Kirchlein. In Würtemberg waren 
40,000 Häuser verbrannt, in Schlesien und Brandenburg mehr als der dritte Theil 
der gestimmten Häuserzahl. Zwei Theile der Einwohner hatte das Schwert, die 
Pest und der Hunger hinweggerafft. Gar manches Dorf ist spurlos verschwunden. 
Der Glaubenseifer war beim Volke durch die Noth, bei den Soldaten 
durch die Sittenlosigkeit, bei den Fürsten durch politische Interessen erkaltet. Die 
Einheit des deutschen Reiches war dahin, die Fürsten hielten stehende 
Heere, welche die Ausgaben des Staates vermehrten unb der unumschränkten Ge¬ 
walt Vorschub thaten. Die Freiheit und der Wohlstand der deutschen Städte ging 
zu Grunde, der Bauernstand sank noch tiefer. Was Bürger und Bauern verdienten, 
verschlangen der Adel, die Geistlichkeit und die fürstliche Kammer. Frohnden und 
Steuern mehrten sich. 
5)k Auch in geistiger Beziehung, in Zucht und Sittlichkeit war Deutschland 
HeEpro^sse zurückgegangen. Der Aberglaube nahm überhand. Einige bannten die bösen Gei- 
Aberglaube. ster, Andere verschrieben sich dem Teufel, um zu Glück und Reichthum zu gelangen. 
Fast an allen Höfen wurde die Goldmacherkunst und die Sterndeuterei 
getrieben; Rudolf II. und Wallenstein lasen mit ihren Astrologen.ihr Geschick in 
den Sternen. Zu den merkwürdigsten Verirrungen jener Zeit gehören die Hexen- 
Processe; man glaubte, boshafte alte Weiber stünden im Bunde mit dem Teufel, 
von dem sie lernten, böses Wetter machen, fremden Kühen die Milch entziehen, 
frembes Getreibe burch bie Luft entführen, burch ben bösen Blick Menschen unb 
Vieh tobten je. Fast jebe der Angeklagten gestand, von den Martern der Folter 
gepeinigt, daß sie die Künste, beren sie angeklagt würbe, vom Teufel ober von 
einer Hexe gelernt habe. Alle Hexen feien am 1. Mai auf bem Blocksberge zu¬ 
sammengekommen, hätten ba getanzt unb Götzendienst mit einem schwarzen Bock ge¬ 
trieben, welcher sich zuletzt selbst verbrannt habe; dann hätten sie die Asche gesammelt' 
um damit Zauberei zu treiben, und seien auf einem Besen, einer Ofengabel oder 
Katze nach Hause geritten. Die Hexen wurden aufs Grausamste verfolgt, gefoltert 
und verbrannt; die letzte Hexe ward 1783 zu Glarus enthauptet. 
8 98. 
Kulturgeschichtliches. 
Di« deutsche So wie Mela nchth on Liebe und Begeisterung für die Werke der Griechen 
Dichtkunst. unb ^mer weckte, so regte Luther zu zahlreichen Versuchen im Kirchenliede an, 
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