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Die Wuth der Tücken gegen die Griechen fachte den Aufstand nur noch heftiger Eckend
an. Zu Wasser und zu Land brach der Krieg aus und ward auf beiden Seilender Griechen,
mit der heftigsten Erbitterung und der furchtbarsten Grausamkeit geführt. Am
glücklichsten waren die Griechen zur See. Mit ihren kleinen, gefährlichen Brandern
fuhren sie an die feindlichen Schiffe heran und steckten sie in Brand; unter Eana-
ris, Sachturis und Miaulis verrichteten sie Thaten, welche ihrer Vorfahren
würdig waren. Der Capudan Pascha, Admiral der türkischen Flotte, hatte auf der
Insel CH io s fa^r alle Griechen, Männer, Frauen, Greise und Kinder, ermorden
lassen. Er ward von der griechischen Flotte angegriffen und mit seinem Admiral¬
schiffe in die Luft gesprengt. Gleiches Schicksal traf seinen Nachfolger. Im Land¬
kriege zeichneten sich Demetrius Dpsilanti, Odysseus, Niketas, die Brüder
Marko und Noto Bozzaris, Guras, Kolokotroni und Maurokordato
aus und entrissen den Türken den größten Theil von Morea.
Der Heldenmuth und die Selbstverleugnung der Griechen erregte in ganz Eu- Die
ropa neben hoher Bewunderung innige Theilnahme. Es bildeten sich allenthalben
Vereine zur Unterstützung der Griechen mit Waffen, Geld und anderen Bedürfnissen,Griechen bei.
und viele für die griechische Freiheit begeisterte Jünglinge (Philhellenen) zogen
als rüstige Streiter hin nach dem Land, welchem wir unsere Bildung in so vielen
Beziehungen zu danken haben. Der englische Dichter Lord Byron widmete der
Sache Griechenlands sein Vermögen und seine Kraft und fand dort, dem Klima und
der Anstrengung unterliegend, seinen Tod (1824); ein reicher Genfer, Ey nard,
spendete bedeutende Summen.
1825 schickte der Vicekönig Mehemed Ali von Aegypten seinen Sohn Siege der
Ibrahim, einen tapferen, aber grausamen Mann, dem Sultan mit einer zahlreichen Türken.
Macht zu Hilfe. Die unter sich uneinigen Griechen vermochten ihm nicht zu wider¬
stehen Eine Stadt nach der andern fiel, trotz der heldenmüthigsten Gegenwehr.
Besonders zeichnete sich die Besatzung von Missolnughi rühmlich aus, welche
lange die heftigsten Angriffe des zürnenden Ibrahim abschlug. Als die tapfere
Schar sich nicht mehr gegen den überlegenen Feind zu halten vermochte, versuchte
sie nachts in geschlossenen Gliedern mit Weibern und Kindern in der Mitte einen
Ausfall. Allein der Plan war verrathen worden, und als die Belagerten heraus¬
drangen, stürzten die Türken auf sie los. 1000 Mann schlugen sich durch, die in
der Festung zurückgebliebenen Kranken und Greise sprengten sich mit den einge¬
drungenen Türken in die Luft. Ibrahim verwüstete den Peloponnes mit Feuer und
Schwert und viele gaben die Sache der Griechen auf; da gelang es dem edlen
Minister Eanning in London, zwischen England, Frankreich und Rußland einen Griechen-
Vertrag zu Gunsten Griechenlands zu stiften. Die drei Großmächte schickten-landZ Frei-
da die Türken auf keine Unterhandlungen eingehen wollten, eine Flotte nach dem nachher
Peloponnes ab, welche im Hafen von Navarino die türkische Flotte vernichteteb^Navarkttj
(1827). Trotz dieser ungeheuren Niederlage wollte sich der Sultan noch immer
nicht herablassen, die Griechen freizugeben, und benahm sich insbesondere gegen Ru߬
land so wenig nachgiebig, daß der Kaiser Nikolaus den Krieg erklärte. Dadurch
wurden die Türken genöthigt, nachdem die JaPtscharen in Eonstantinopel auf Be¬
fehl des Sultans niedergemacht worden waren*), ihre Truppen aus Hellas zurück-
*) Die Janitscharen bildeten die Leibwache des Sultans und genossen vor den
andern türkischen Truppen mancherlei Vorrechte. Sie hatten sich damals gegen den
Sultan aufgelehnt.