123
germanische Elemente (von den Westgothen und Sueven, Fran¬
ken und Burgundern, Ostgothen und Longobarden) in sich aus¬
genommen haben. Solcher Sprachen gibt es hauptsächlich sechs,
zwei östliche, die italienische und wallachische, zwei südwestliche,
die spanische und portugiesische, zwei nordwestliche, die französische
und provenzalische (die Sprache der Troubadours); letztere ist
allerdings eine todte Sprache, dagegen hat sich eine andere, die
ladinische oder rhäto-romanische in einigen Thälern Graubündens
erhalten (vergl. oben unter Schweiz Nr. 3). Der germanische
Sprachstamm theilt sich in zwei Zweige, den skandinavischen
(dänisch-schwedisch-norwegischen) und deutschen, und letzterer wie¬
der in zwei, den hochdeutschen und plattdeutschen, welcher im
Holländischen, Flämischen (s. unter Belgien) und theilweise auch
im Englischen zu eigentlichen Sprachen sich entwickelt hat. Das
Englische bildet den Ucbergang von den romanischen zu den
germanischen Sprachen, indem die dem Bau nach germanische
(plattdeutsche oder niederdeutsche) Sprache mit Romanischem stark
versetzt ist (vergl. unter England Nr. 1).
Der slavische Sprachstamm zerfällt in 3 Hauptzweige, den
westslavischen, wozu die polnische Sprache (s. unter Krakau)
und die in Böhmen gesprochene czeschische (spr. tschechische) ge¬
hören, dann den ostslavischen, die Sprache der eigentlichen Rus-
sen, endlich den südslavischen, welcher im südlichen Österreich
und in der Türkei gesprochen wird.
Wir reden hier nicht von allen übrigen Sprachen Europas,
deren man im ganzen 53 zählt, noch weniger von den zahl¬
reichen Dialekten, die namentlich in Deutschland in ganz be¬
sonderer Mannigfaltigkeit auftreten. Welcher Dialekt der beste
und wohlklingendste sei, darüber ist man in Deutschland, wie
anderswo selten einig; für das beste Hochdeutsch hält man meist
dasjenige, welches von der speciellen Mundart einer einzelnen
Provinz sich am meisten entfernt. Demnach wird nicht in Dresden
— »in Trähsen, wo tas peste Teitsch geredt wert" — sondern
in Norddeutschland, namentlich in Hannover und Celle das
Hochdeutsche am reinsten gesprochen. »In Celle," sagt C. Andree,
»ist es voll, rund, wohltönig, ungeziert, ohne Dialekt, und aus
dem Munde einer schönen Frau ist es geradezu lingua toscana
in bocca romana“ (s. unter Florenz). Bekanntlich bildet aber
in Norddeutschland noch jetzt das Sassische, das sogenannte
Platt- oder Niederdeutsch die Sprache der überwiegenden Mehr¬
zahl des Volkes. Es reicht in seinem Stammlande (die Nieder¬
lande abgerechnet) von den Gebirgen, welche sich zwischen der