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waren die langen Mauern, die Athen mit seinen Häfen verbanden, die Propy¬
läen, das Parthenon und das Odeon. Die Propyläen bildeten die Vor¬
halle zur Akropolis und waren ein fünffaches Marmorthor, zu welchem eine präch¬
tige Marmortreppe in der ganzen Breite des Thors hinaufführte. Auf der Burg
selbst stand zu oberst die bronzene Statue der Schutzgöttin von Athen, der Minerva
oder Pallas Athene; sie war so groß, daß die Schiffer am Vorgebirge Sunium
bei klarem Wetter den wallenden Helmbulch der Göttin erblicken konnten. Auf der
Burg war auch das Parthenon erbaut, ein großer Tempel der Athene; rings um
denselben lief eine marmorne Säulenhalle. Derselbe war aus Marmor aufgeführt
und enthielt die 36' hohe Bildsäule der Athene, welche Phidias*) aus Elfenbein ge¬
arbeitet hatte; das Gewand der Göttin war von Gold. Das Odeon war ein
rundes Prachtgebäude, welches auf Säulen ruhte; es war mit Gemälden ausge¬
schmückt und diente zu musischen Wettkämpfen. Der Künstler hatte es nach dem
Muster des persischen Königszeltes gebaut, mit marmornen Sitzreihen versehen und
das Dach mit persischen Schiffsmasten gestützt. Die Kosten zu diesen Bauten bestritt
die Staatskasse. Durch sie wurden Künstler, Kaufleute und Schiffer, Handwerker
und Goldarbeiter reich und angesehen. Steine, Erz, Elfenbein, Gold, Eben- und
Bauholz mußten herbeigeschafft und verarbeitet werden. Der Wohlstand wuchs,
Handel und Wohlstand lockte die Kaufleute aller Länder herbei, und die angesehen¬
sten Männer strömten nach Athen. Während zu Solons Zeiten ein Vermögen
von 7 Talenten eine Seltenheit war, gab es unter Perikles (444) nngemein viel
reiche Bürger, welche 100 Talente und noch mehr besaßen. Die athenische Staats¬
kasse war trotz der sehr bedeutenden Ausgaben so reich an Einkünften, daß Perikles
innerhalb weniger Jahre 8000 Talente als Ersparnis in den Schatz niederlegte-
Attika zählte zu Perikles' Zeit etwa 100000 Bürger, 50,000 Schutzverwandte und
350000 Sklaven, die im Ganzen menschlich behandelt wurden.
§. 15.
Der peloponnesische Krieg (431—404),
Schon lange sah Sparta mit neidischem Auge auf die wachsende Macht
Athens. Der durch die Bemühungen Kimons und Perikles nach den Kämpfen
in Böotien abgeschlossene Waffenstillstand (45i) war nicht von langer Dauer ge¬
wesen. Neue Kämpfe hatten gewüthet, einen gefährlichen Kampf hatte Athen zu
führen gehabt. 445 war ein Waffenstillstand auf dreißig Jahre geschlossen wor¬
den. Aber der Zwiespalt zwischen Sparta und seinen Verbündeten, dem pelo-
ponnesischeu Bunde, und Athen und seinen Bundesgenossen, zugleich ein Gegen¬
satz zwischen dent dorischen und dem jonischen Stamm, der Aristokratie und der Demo¬
kratie dauerte fort, und schon 431 brannte die Kriegsfackel hell auf.
) Phidtas war auch der Schöpfer der vielgepriesenen Bildsäule des Zeus von
Olympia (S. 10 Anm.) Aber auch gegen ihn regte sich der Neid. Man klagte
ihn der Geldunterschlagung an, und als der Beweis seiner Unschuld glänzend geführt
wurde , Beschuldigte man ihit, er habe auf dem Schilde der Athene sein und de?
Perifies Bild angebracht. Er kam deshalb ins Gefängnis und starb darin.
Ver¬
anlassung.