178 Zweiter Zeitraum des Mittelalters: 751—1096.
ihm später (f. Nr. 43) gelang, der wahrhafte Begründer des deutschen Reiches
zu werden. Gegen diesen neuen sächsischen Herzog glaubte Konrad um so
mehr seine königliche Oberhoheit geltend machen zu müssen, als die Stamm-
herzogthümer damals überhaupt noch nicht fest begründet und am aller¬
wenigsten ihre Erblichkeit anerkannt war, und als die Anerkennung seines
königlichen Ansehens bei dem mächtigen Volke der Sachsen ihm auch die
bei den oberdeutschen Völkern sichern mußte. Der Streit des Königs Konrad
mit dem Herzog Heinrich in Sachsen bezog sich zunächst auf die nördlichen
Gaue des thüringischen Landes, die schon lange mit Sachsen vereinigt waren
und ein Besitzthum Otto's gebildet hatten. Diese suchte Konrad als könig¬
liche Lehngüter wieder von dem Sachsenlande zu trennen und wollte damit
zwei im südlichen Thüringen einheimische und ihm nahe verwandte Grafen
Burkhard und Bardo ausstatten, woraus es sich erklärt, daß das ganze
sächsische Volk als Verfechter der Sache seines Herzogs auftrat und sich um
so enger an das ruhmwürdige Geschlecht der Ludolsingen anschloß. Schon
damals gab es in Sachsen eine Partei, die Heinrich gern auf dem Throne
gesehen hätte.
Konrad's Bruder, der Markgraf Eberhard, welchen er gegen den Herzog
Heinrich in Sachsen und Thüringen ausgesandt hatte, erlitt von demselben
bei dem alten Eresburg (Stadtberge) an der Diemel eine Niederlage, in Folge
deren die Sachsen bis in das hessische Frankenland vorgedrungen zu sein
scheinen. Darum zog Konrad selbst dem Herzog Heinrich entgegen und
traf ihn in der Feste Grona (bei Göttingen). Die Feste ward von den
Franken umlagert, und schon sah sich Heinrich genöthigt, mit dem König
Unterhandlungen anzuknüpfen, als Konrad plötzlich die Belagerung jenes
Ortes aufhob und sich zurückzog. Vielleicht, daß er durch eine Unter¬
nehmung des westfränkischen Königs Karl nach dem Rhein oder auch über
diesen Strom hinüber zum Rückzüge aus dem Sachsenlande bewogen wurde;
auch ist es nicht unwahrscheinlich, daß sich der sächsische Herzog selbst in
Verbindungen mit dem König Karl eingelassen habe. Noch im Laufe des
I. 916 scheint zwischen ihm und dem König Konrad eine friedliche Abkunft
getroffen worden zu sein, nach welcher der König, um den sächsischen Herzog
von Karl dem Einfältigen zu trennen und mit größerem Nachdrucke die
oberdeutschen Fürsten zu bekämpfen, diesem seine Forderungen zugestanden
haben muß. Wahrscheinlich ist es, daß der sächsische Fürst jetzt nicht bloß
als Herzog in Sachsen, sondern auch in Thüringen anerkannt worden ist.
Denn zu gleicher Zeit drangen, wohl auf Veranlaffung des Herzogs
Arnulf (des Neffen Erchanger's), die Reiterschwärme der Ungarn in das
Reich ein, welche mit Rücksicht auf ihren Bundesgenossen das baierische Land
schnell durchzogen zu haben scheinen, indem es nur heißt, daß das Land
Alemannien von ihnen verheert worden sei und sie sich darauf nach Thürin¬
gen und Sachsen gewandt und bis zum Kloster Fulda vorgedrungen seien.