Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

70 Erster Zeitraum des Mittelalters: 476—751. A. Das Abendland. 
Afrika's entnervt. So lange Geiserich lebte, reichte zwar der Schrecken vor 
seinem Namen hin, die benachbarten Völker von jedem feindliche« Angriff 
zurückzuhalten, aber kaum war er todt, so begannen auch die umwohnenden 
Numidier und Mauretanier, die Vandalen durch fortwährende Einfälle zu 
beunruhigen. Auch die römische Bevölkerung war auf's höchste erbittert; 
denn da sie sich zur katholischen Kirche bekannte, wurde sie von den arianischen 
Vandalen mit der herzlosesten Grausamkeit verfolgt. Als der schwache Hilderich, 
der 523 aus den Thron kam, diese Verfolgungen, feinem Eide zuwider, ein¬ 
stellte und statt der natürlichen Verbindung mit den Ostgothen die unnatür¬ 
liche mit dem alten Reichsfeinde, dem byzantinischen Hose, suchte, bildete 
sich gegen den König (Sohn der Römerin Eudocia) und die byzantinische 
Freundschaft eine nationale Partei. An deren Spitze trat Gelinter, ein Ur¬ 
enkel Geiferich's, der beste Krieger seines Volkes. Er erregte einen Aufruhr 
gegen Hilderich, warf ihn ins Gefängniß, erhob sich selbst zum König und 
verfolgte von Neuem die Katholiken mit großer Härte. Deren nahm sich 
nun der Kaiser Justinian an, der schon längst auf die Wiederunterwerfung 
Afrika's bedacht war. Nach vergeblichen Unterhandlungen mit Gelimer, der 
seinen Aufstand ganz auf das Volk schob, schloß Justinian mit den Persern 
Frieden, um sein Heer unter Belisar gegen die Vandalen senden zu können. 
Es war ein heiliger Krieg gegen den Arianismus, wie der CHIodwig's gegen 
die ketzerischen Westgothen. 
Mehr noch als die Feldherrnkunst Belisar's waren wohl dessen Glück, 
der allgemeine Abfall der Einwohner Afrika's von den verhaßten Arianern 
und Barbaren und die Verweichlichung der Vandalen die Ursachen der 
Allen, selbst den Byzantinern unerwarteten Leichtigkeit und des geringen 
Aufwandes von Mühe und Mitteln, womit das Vandalenreich in kürzester 
Zeit vernichtet wurde, ein merkwürdiges Gegenbild zu dem zwanzigjährigen 
Heldenkampfe der Ostgothen gegen denselben Feind. Nur 11,000 M. Fu߬ 
volk und 5000 Retter brachte Belisar nach Afrika. Ueberall erschien er als 
Freund und als Erretter der katholischen Provinzialen von ihren arianischen 
und barbarischen Drängern, überall erklärte er, den ehemaligen Gliedern des 
römischen Reiches die Freiheit bringen zu wollen, und sein Heer fand die 
beste Verpflegung, wie im eigenen Lande. Nur das Königsgeschlecht tritt 
handelnd in kräftiger Weife auf, nicht, wie bei den Gothen, das Volk. Von 
der alten germanischen Kraft, wie sie die Gothen gegen denselben Feldherrn 
bewährten, findet sich keine Spur. Doch täuschte sich Justinian, wenn er 
auf Verrath unter den Vandalen selbst gerechnet hatte, wie solcher unter dem 
tiefgespaltenen Gothenvolke vorkam, vielmehr zeigte das Volk, daß es Hilderich 
nicht wollte, sondern in Gelimer seinen nationalen König erblickte, der sich 
auch als nicht ganz unfähigen Gegner des großen Belisar erwies. Er pro- 
jectirte einen dreifachen Angriff auf das byzantinische Heer, in der Fronte 
und in. beiden Flanken. Ihm selbst gelang es auch, zwischen Belisar's
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.