Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

26. Portugal» Größe und Verfall. 
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cember 1640 wurden in Lissabon verabredetermaßen alle Wachen überfallen, 
fast ohne Widerstand entwaffnet, das Schloß eingenommen, Vasconcellos, 
der spanische Rathgeber der Statthalterin Margaretha von Savoyen (der sich 
versteckt hatte), aufgefunden, niedergestoßen und zum Fenster hinausgeworfen. 
Das Anfangs unkundige und bestürzte Volk zeigte bald die höchste Theil¬ 
nahme und rief: „Es lebe die Freiheit und König Johann IV. von Portugal!"/ 
Als die Statthalterin in ihrem Palaste von dem Allen Nachricht erhielt, 
und die Verschworenen auch zu ihr drangen, verlor sie keineswegs den Muth, 
sondern erinnerte an Eid und Pflicht uud daß das Geschehene nur Ent¬ 
schuldigung finden könne, sofern man sich mit der an einem unwürdigen 
Beamten genommenen Rache begnüge und zum Gehorsam zurückkehre. Don 
Antonio von Menezes antwortete ihr aber: man habe die Waffen nicht er¬ 
griffen, um einen verächtlichen Menschen umzubringen, welcher den Tod durch 
Henkershand zu finden verdient hätte, sondern um dem Herzoge von Bra- 
ganza die ihm mit Unrecht entrissene Krone aufzusetzen. Als die Herzogin nun¬ 
mehr zu dem Volke sprechen und es beruhigen wollte, sagte ihr Karl Noranha: 
sie möge sich zurückziehen, weil man sonst die Ehrfurcht gegen sie vergessen 
könnte. Und was (fragte die hierdurch beleidigte Herzogin) könnte man mir 
wohl anthun? — Eure Hoheit, entgegnete Noranha, wenn Sie nicht zur Thür 
hinausgehen wollen, zum Fenster hinauswerfen! — Nach dieser Erklärung, 
welche jeden Widerstand vergeblich erscheinen ließ, schwieg die Herzogin und 
ward seitdem bis zu ihrer Abreise nach Spanien sehr anständig und ehren¬ 
voll behandelt. So hatten einige hundert Menschen ihr Vaterland, fast ohne 
alles Blutvergießen, von der spanischen Herrschaft befreit. Denn binnen wenig 
Tagen unterwarfen sich alle Städte und Landschaften, sowie nächstdem auch 
die Colonieen, dem neuen Könige. Bei seinem Einzuge in die Hauptstadt 
am 6. December war die Freude grenzenlos. Gleiche Theilnahme und An¬ 
hänglichkeit zeigte sich am 15. Januar 1641 bei der feierlichen Huldigung 
und bei Eröffnung des Reichstags. 
Als die Nachricht von dem Aufstande in Lissabon nach Madrid kam, 
erschrak Olivarez sehr und ahnte, was für ihn persönlich daraus folgen 
könne; doch wußte er den König so zu umstellen, daß dieser durch ihn selbst 
die Botschaft empfing. Ich bringe (sagte er seinem kurzsichtigen, schwachen 
Herrn) eine glückliche Nachricht: „Eure Majestät haben ein großes Herzogthum 
gewonnen; denn der Herzog von Braganza hat es verloren, indem er sich 
durch seine Leute und den Pöbel zum Könige hat ausrufen lassen." — Wie 
irrig diese Ansicht war, ergab sich indessen nur zu bald. Denn nachdem eine 
Verschwörung gegen König Johann war entdeckt und streng bestraft worden, 
mußten die Spanier Krieg erheben, um das verlorene Königreich wieder zu 
erobern. Aber binnen 16 Jahren waren sie nicht im Stande, dem Könige 
Johann irgend etwas abzugewinnen.
	        
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