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Erster Zeitraum: 1492—1648.
das Haus Habsburg rettete, freilich unbekümmert um die Gefahr Baierns,
dessen Fürst das dem General von jeher feindselige Princip der Liga und
der Restitution der Kirchengüter darstellte. Die Zumuthung des Hofkriegs¬
rathes in Wien, welche dieser im engsten Einverständnisse mit dem Kurfürsten
von Baiern stellte, gegen den Herzog Bernhard loszugehen, und über die Donau
vorzudringen, lehnte Wallenstein ab, im Vertrauen auf die Ergebenheit seiner
Armee, die mehr eine Wallenstein'sche als eine österreichische war. So viel hatte er
bereits erkannt, daß weder der Kaiser geneigt sei, sein Verdienst als Retter
des Staates durch Uebertragung eines Erblandes, dem Versprechen gemäß,
zu belohnen, noch daß seine zahlreichen Feinde ihn als Reichsfürsten neben
sich dulden würden. Daher trat er mit Frankreich in Verbindung, und es
wurde insgeheim verabredet, daß er König von Böhmen werden solle.
Schon betrieben Spanien und der Kurfürst von Baiern in Wien den
Sturz des Generalissimus. Aber auch der Bedrohte rüstete sich zur Gegen¬
wehr, um nicht eine zweite, schimpflichere Niederlage, wie die im Jahre 1630,
zu erleiden. Wie einst Kurfürst Moritz von Sachsen, so ging er von der
engsten Verbindung mit dem Kaiser zu einer abweichenden Politik über. Um
sich des Gehorsams der Armee auch für den Fall seiner Absetzung zu ver¬
sichern, ließ er durch seinen Vertrauten, den Feldmarschall Jllo (oder Jlow),
im Hauptquartier zu Pilsen die Obersten, die meist ihre Regimenter aus
ihrem eigenen Vermögen errichtet und bewaffnet hatten, eine „Verbündniß-
Acte" unterschreiben (12. Januar 1634), wodurch sie sich verpflichteten, „beim
Herzog-General getreulich bis zum letzten Blutstropfen zu verharren". Wohl
fiel es auf, daß kein Vorbehalt eingeflochten war, der die Verpflichtung auf
die Dauer des Generalats beschränkte. Jllo bemerkte jedoch, das habe nichts
zu bedeuten, da der Dienst des Kaisers im Eingänge erwähnt wäre. Un¬
wahrscheinlich lautet die unzählige Male wiederholte Ueberlieferung, ein solcher
Vorbehalt habe ursprünglich in dem Revers gestanden und sei vorgelesen,
aber in dem Exemplar, welches die Obersten nach einem von Jllo veran¬
stalteten Banket unterzeichnet hätten, weggelassen worden. Vielmehr ward
der Revers ohne die Glaufel schon vor dem Banket vorgelegt und trotz des
Widerspruches von den meisten Obersten unterzeichnet, die sehr wohl wußten,
was sie unterschrieben. Wahrscheinlicher ist, was der spanische Botschafter
(Onate) berichtet, Wattenstein selbst habe die ©laufet vor dem Unterzeichnen
ausgestrichen; denn was konnte es ihm helfen, daß er das Generalat auf
den Wunsch der Obersten behielt, wenn diese ihm nur so lange verpflichtet
sein sollten, als es dem Kaiser gefiele, ihn in dessen Besitz zu lassen?
Unter denjenigen, welche diesen Revers unterschrieben hatten, befand
sich auch Ottavtoj&ke-o-l-offiini, aus berühmtem sienesifchem Geschlechte,
zu Florenz 1599 geboren. Dieser war einst mit einem Hülfscorps, welches der
Großherzog von Toscana nach Böhmen schickte, als Reiterführer über die
Alpen gekommen und hatte unter der österreichischen Fahne sich so ausge-