74. Der siebenjährige Krieg in Deutschland. 459
dem Fußvolke, Ziethen mit der Reiterei des preußischen rechten Flügels ihren
Angriff auf den österreichischen linken Flügel unter Nadasdy begannen-
Die dort befindlichen Württembergs wollten als Protestanten nicht gegen
den König von Preußen fechten. Sie widerstanden wenig, ergriffen dann
die Flucht und rissen die ebenfalls nicht sehr kampfbegierigen Baiern mit
sich fort, der ganze österreichische linke Flügel wurde bis gegen Leuthen hin
zurückgeworfen. Erst nach einem höchst hartnäckigen Kampfe gelang es den
Preußen, das Dorf Leuthen zu erobern, dann auch die hinter dem Dorfe
gedrängt aufgestellten Oesterreicher in Verwirrung zu bringen, worauf die
preußische Reiterei die gänzliche Niederlage und Flucht der Oesterreicher
vollendete. Nur die Nacht rettete die Oesterreicher vor gänzlicher Auslösung
ihres Heeres. Bei der Verfolgung des Feindes auf dem nächtlichen Marsche
stimmte ein Grenadier das Lied an: „Nun danket Alle Gott!" und die
Tausende der Sieger stimmten darin ein; selbst die auf der Wahlstatt liegenden
Verwundeten vergaßen auf einige Augenblicke ihre Schmerzen, um Antheil
an diesem allgemeinen Opfer der Dankbarkeit zu nehmen. Auch schon vor der
Schlacht hatte das geistliche Lied die Stelle des alten Bardit vertreten und
war zum Schlachtgesang geworden. Die Preußen verloren an diesem wahrhaft
glorreichen Tage wenig über 5000, die Oesterreicher gegen 10,000 Todte
und Verwundete, außerdem aber noch 12,000 Gefangene und 116 Kanonen.
Der König schloß Breslau ein und fing an es zu beschießen. Eine Bombe
fiel in den Pulverthurm auf der Taschenbastei, welche in die Luft sprang
und eine Bresche öffnete, worauf die 17,000 M. starke Besatzung das Gewehr
streckte. Es blieb den Oesterreichern in Schlesien nur noch die Festung
Schweidnitz, welche Friedrich sofort umlagerte. Indem die Siege von Ro߬
bach und Leuthen das welthistorische Jahr aufs denkwürdigste abschlössen,
erschienen die Unfälle des Sommers nur wie eine schwere Prüfung des
Helden, aus der er glänzender und großer hervorgegangen. Nicht nur, daß
die Folgen der vorangegangenen Niederlagen zum Theil dadurch gut gemacht
waren; es war auch die alte Zuversicht im Heere und Volke wieder hergestellt,
der Zauber und Schrecken von Friedrich's Namen war den Feinden furcht¬
barer als selbst vor dem Tage von Min; an Roßbach erhob sich die vater¬
ländische Begeisterung in ganz Deutschland, an beiden Siegen zusammen
entzündete sich das Interesse und die Bewunderung der gesammten Welt.
Der Friede war auch jetzt des Königs höchste Hoffnung, der er sich
um so mehr hingab, als seine Gegner zum Theil entmuthigt und noch mi߬
trauischer gegen einander waren, als früher. Aber Maria Theresia rechnete
nach der Genesung der Kaiserin Elisabeth auf thätigere Mitwirkung Rußlands
und glaubte, die Gelegenheit zur völligen Demüthigung Preußens kehre
vielleicht nie mehr wieder. Auch behaute Ludwig XV., nach dem Rathe der
Pompadour und gegen die immer lauter werdende Stimme seiner besten
Kriegs- und Staatsmänner, bei dem unnatürlichen Bündnisse mit Oesterreich.