Full text: Die Geschichte der neuern Zeit (Bd. 3)

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Dritter Zeitraum: 1789—1815. 
zu neuen Rüstungen gewinnen wollte und die kriegerisch Gesinnten jetzt mit 
Erfolg auf das Einrücken in Frankreich dringen konnten, ehe dort jene 
Rüstungen vollendet waren. 
108. Der WinterfeldMg der Verbündeten in Frankreich, 1814. 
(Nach Felix Eb erty, Geschichte des preußischen Staates, und Theodor von Bern¬ 
hardt, Geschichte Rußlands, bearbeitet vom Herausgeber.) 
Die Verbündeten rückten zwar mit einer überwältigenden Macht von 
6-—700,000 M. gegen Frankreich heran, aber in so unzweckmäßiger Weise, daß 
kaum ein Drittel dieser Zahl zu gleicher Zeit den Krieg begann. Denn, 
statt, der kühnen Gneisenau-Blücher'schen Absicht gemäß, mit aller Macht 
den Mittelrhein zu überschreiten und ohne Rücksicht auf die französischen 
Festungen geraden Weges auf Paris loszugehen, dessen Einnahme zugleich 
die Eroberung Frankreichs gewesen wäre, setzte Oesterreich es durch, daß jene 
ungeheuren Streitkräfte in eine lange, dünne Linie, dem ganzen Laufe des 
Stromes entlang, von Basel bis nach Holland, aufgestellt wurden, so daß, 
wenn Napoleon im Stande gewesen wäre, ein einigermaßen starkes Heer 
zusammenzubringen, er die Angreifer an jeder ihm beliebigen Stelle durch¬ 
brechen konnte. Da man Holland mit Recht als eine Vorfeste betrach¬ 
tete, aus der die Franzosen mit Leichtigkeit über den Rhein setzen und die 
ausgestellten Truppen der Verbündeten umgehen konnten, so war Bülow, nach 
der Trennung von Bernadotte, bereits im November in Holland eingerückt, 
überall von der Bevölkerung freundlich aufgenommen, und der Erbstatthalter 
war aus einem englischen Schiffe nach Amsterdam zurückgekehrt (2. Dec.). 
Kaiser Alexander I. wurde für einen Operationsplan gewonnen, den der 
österreichische General Langenau entworfen hatte und der durch sein wissen¬ 
schaftliches Ansehen imponirte. Nach dessen Meinung sollte man durch die 
Schweiz und die Freigrafschaft Burgund in Frankreich eindringen und die 
Hochebene von Langres in Besitz nehmen, von der die Gewässer nach Norden 
(Seine und Maas) und nach Süden (Saone) fließen und die nach seiner 
Vorstellung den ganzen Kriegsschauplatz beherrschte. Er scheint vorausgesetzt 
zu haben, daß Napoleon dieser Hochebene dieselbe Wichtigkeit beilegen und 
sobald er dieses „entscheidende Plateau" im Besitz der Verbündeten sähe, 
erschreckt Frieden schließen würde. Auch die strategischen Rathgeber Schwar- 
zenberg's gewannen denselben für eine solche „Winterbewegung", die in 
Langres ihr Ziel finden und Napoleon sofort zum Frieden bestimmen würde. 
So drang denn im Januar 1814 die Hauptarmee der Verbündeten 
(190,000 M. stark) unter Schwarzenberg durch die Schweiz in die Freigraf¬ 
schaft Burgund ein, so vorsichtig, daß sie in 28 Tagen eben so viele Meilen
	        
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