Full text: Die Geschichte der neuesten Zeit (Bd. 4)

10. Arthur Wellesley, Herzog von Wellington. 109 
besteigung die Scheidung von seinem Weibe begehrt. Durch eigene Schuld 
hatte er jedes häusliche Glück zerstört, das Vertrauen seiner Angehörigen 
und Räthe, so wie die Liebe seines Volkes verscherzt. Seit einer Reihe 
von Jahren hielt ihm auf seiner Villa wie im Schlöffe zu Windsor seine 
Freundin Lady Coningham („die Regnante!") Haus, die Gemahlin eines 
schottischen Marquis, der seit 1828 zum Verdruß des Ministeriums als 
Lord Steward erscheint. Den Tag über lag der König unangekleidet im 
Bette, schlüpfte in den seidenen Schlafrock und bedeckte die Glatze mit einer 
Sammetmütze, wenn etwa der Herzog von Wellington angemeldet ward, 
um, fo bald der Vortrag beendet war, die unsaubere Flanelljacke und die 
Nachtmütze wieder anzulegen. Wellington, den er mehr gefürchtet als ge¬ 
achtet zu haben scheint, der mit rauhem Soldatenton viel über ihn ver¬ 
mochte, sagte von dem unglücklichen Fürsten: „Er war die sonderbarste 
Mischung von Talent, Witz, Possenreißerei, Hartnäckigkeit und Wohlwollen, 
kurz, eine Verbindung der entgegengesetztesten Eigenschaften mit einem Ueber- 
gewichte der guten." 
10. Ärthur Wellesley, Herzog von Wellington. 
(Nach den „Grenzboten" und Max Büdinger, Wellington, bearbeitet vom 
Herausgeber.) 
Der Herzog von Wellington stammt aus einer jener zahlreichen, aus 
England nach. Irland eingewanderten protestantischen Familien, die int 
steten Kampf gegen die keltische Nationalität und den Katholicismus ein 
schroffes Torythum einsogen, welches an Unduldsamkeit noch das 
englische Torythum überbietet. Sein Großvater Richard Cowley, dessen 
Vorfahren im 16. Jahrhundert aus Rutlandshire eingewandert waren, 
erbte 1728 die Güter und dens Namen seines Vetters Garret Wellesley 
auf Dangan Castle. Arthur war in demselben Jahre (1769) mit seinem 
großen Gegner Napoleon geboren (30. April oder 1. Mai?), entweder auf 
dem Familiensitze Dangan Castle oder in Dublin. Sein ältester Bruder, 
Marquis von Wellesley, war später General-Statthalter von Ostindien 
und Vicekönig von Irland. Arthur erhielt, wie so viele berühmte Namen 
der englischen Aristokratie, seinen ersten Unterricht in Eaton, scheint aber 
keine besonderen Fähigkeiten an den Tag gelegt zu haben, weßhalb 
man ihn nach Frankreich auf die Militärschule in Angers schickte. Die 
Gefühle der Achtung und selbst der Zuneigung für die französische Nation, 
mit denen er sich hier erfüllte, haben ihn, so lange er auch in Waffen gegen 
sie stehen mußte, nie verlassen. Er meinte, Frankreich und England
	        
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