24. Maria II. da Gloria in Portugal.
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Portugal seine unbedingte Ergebenheit für seinen Bruder betheuert hatte,
kehrte er nunmehr nach Lissabon zurück. Er wiederholte dort vor den
Ständen des Reiches feierlich seinen Eid auf die Verfassung und übernahm
aus den Händen seiner Schwester Jsabella die ihm anvertraute Regentschaft,
worauf die englischen Truppen, welche bis dahin zum Schutze der Consti¬
tution in Lissabon stationirt gewesen waren, Portugal verließen. Kaum
aber hatte er die Gewalt in Händen und die Engländer sich eingeschifft,
als des Jnfanten Loyalität zu Ende ging. Schon am 13. März 1828
löste er die versammelten constitutionellen Stände auf; am 3. Mai berief
er die alten Cortes von Lamego und ließ durch sie den Umsturz der
Carta gutheißen uud sich selbst zum absoluten König erklären.*)
Als die nunmehr neunjährige Königin von Rio Janeiro nach Europa
kam, verweigerte Miguel seiner Braut und Schutzbefohlenen die Landung
an der Küste ihres eigenen Reiches, und den Begleitern Maria's da Gloria
blieb nichts übrig, als dieselbe nach England zu führen, von wo sie, da
das dortige Ministerium keine Hülfe gewährte, im I. 1829 zu ihrem Vater
nach Brasilien zurückkehrte.
Unter Dom Miguel trat, nachdem ein Versuch der Constitutionellen,
dem Usurpator mit Gewalt entgegen zu treten, überwunden war, ein Ver¬
folgungs-System ohne Gleichen ein. Schrecken verbreitete sich von Lissabon
nach allen Theilen des Landes, dessen Gefängnisse sich mit furchtbarer
Schnelligkeit füllten. Im I. 1831 waren in Portugal mehr als 25,000
politisch Verdächtige inhaftirt, 1600 Menschen wurden. nach Afrika depor-
tirt und über 13,000 Verfolgte wanderten freiwillig aus. Nur ein einziges
Stück portugiesischen Gebietes gab es, welches sich nicht vor dem Usurpator
beugte und welches er nicht zu unterwerfen vermochte: das war die Insel
Terceira, eine der Azoren, die mit ihren 40,000 Einwohnern unter dem
tapfern Generäl Grafen Villaflor, dem späteren Herzog von Terceira, allen
Angriffen Dom Miguel’5 siegreich widerstand. Sie ist überhaupt in der
Geschichte durch ihre politische Treue berühmt, welche sie am glänzendsten
*1 Alfons I. hielt 1143 zu Lamego den ersten Reichstag ab, ordnete auf dem¬
selben die Thronfolge, bestimmte die Rechte des Adels und gab eine ständische Ver¬
fassung. Dieselbe blieb unter dem Namen „Satzungen von Lamego" Jahrhunderte
lang das Fundamental-Gesetz der portugiesischen Monarchie. Die Lamegischen Satzungen
bestimmten, daß „die Tochter eines Königs von Portugal Königin sein solle, wenn
der König keinen Sohn hinterlasse". Dom Miguel baute übrigens seine Prätendent¬
schaft nicht einmal auf diesen Punkt, sondern er griff die Rechte seines Bruders an,
nachdem er sie lange vorher wiederholt und feierlich anerkannt, nachdem er vor und
nach dem Ableben Johann's VI. in einer Reihe von Actenstücken selbst die Ver¬
sicherung ausgedrückt hatte, daß Dom Pedro der gesetzmäßige Thronfolger sei, und
nachdem er die eclatanteste Anerkennung der Erbrechte seiner Richte dadurch von sich
gegeben hatte, daß er sich ohne das geringste Widerstreben, ohne die leiseste Ver¬
wahrung von seinem Bruder die Regentschaft übertragen ließ und dieselbe mit einem
solennen Eide der Treue für Maria da Gloria inaugurirte.