Full text: Kleine Geschichte (Nr. 31)

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Geschichte. §§ 19—20. 
§ 19. Friedrich Wilhelm I. (1713—1740) 
*1. Sein Charakter war anders geartet als der seines Vaters. Er bastte 
Pracht und Glanz und alles französische Wesen. Seine Lebensweise war die 
eines wohlhabenden Bürgers; die Mahlzeiten waren einfach. Er trug den 
schlichten Soldatenrock und war ein Bild derber Gesundheit. Von Wissenschaften 
und Künsten hielt er nicht viel. — Widerrede vertrug er nicht: „Räsonnier' Er 
nicht!" das war ans dergleichen seine Antwort. — Er selbst arbeitete gern und 
fleißig und forderte dies auch von seinen Beamten und seinen Untertanen Schlichte 
aufrichtige Frömmigkeit war ein Grundzug feines Wesens. So ist er das Bild 
emes, rechten deutschen Hausvaters. — Seine Erholung fand er in der Jagd 
uud im Tabakskollegium, wo er sich abends mit seinen Freunden, Generalen 
und Ministern bei einem Glase Bier und einer Pfeife Tabak ohne allen Rwana 
unterhielt. ^ 0 
*2 Sorge für Bauern und Bürger. Auch errief viele Kolonisten 
ms Und, die er tote der Große Kurfürst unterstützte. So nahm er 17 000 evange¬ 
lische Salzburger auf, die in ihrer Heimat sehr verfolgt wurden, und siedelte 
sie in Ostpreußen an. — Er bestimmte, daß die Bauern wöchentlich nur drei 
Tage bei dem Gutsherrn Dienste tun sollten. Bisher mußten sie oft die ganze 
Woche für ihn arbeiten. Auch verbot er streng das Schlagen der Bauern. Er 
führte auch den Schulzwang ein und gründete viele Volksschulen. — Reiche 
Bürger in den Städten zwang er zum Bauen mit den Worten: „Der Kerl hat 
Geld, muß bauen!" So vergrößerte er namentlich Berlin und Potsdam Ge¬ 
werbetreibende wurden vom König unterstützt mit Geld und Aufträgen; dadurch 
hob er z. B. die Tuchmacherei bedeutend. Fleißig arbeiten und sparsam sein 
sollten auch die Bürger. Träge Leute hat er wohl mit dem Stocke zur Arbeit 
getrieben. 
3. Die Verwaltung ordnete der König meisterhaft; er setzte als oberste 
Behörde das Generaldirektorium ein, dessen Vorsitzender er selbst war 
3n allen Verwaltungszweigen ließ er die größte Sparsamkeit walten. Von 
den Beamten forderte er Ordnung und Pünktlichkeit und schuf dadurch einen 
vortrefflichen Beamtenstand. Auf seinen jährlichen Besichtigungsreisen 
sah er nach, wie seine Befehle ausgeführt wurden, und bestrafte nachdrücklich 
säumige Beamte (Potsdamer Torschreiber). Der Wohlstand des Volkes hob 
sich, und der Staatsschatz betrug bei des Königs Tode 26 Millionen Mark. 
*4. Heerwesen. In jedem Jahre vermehrte er das Heer und brachte es 
bis aus 84000 Mann. Die Soldaten wurden zwar in sehr harter Zucht ge¬ 
halten (Spießrutenlaufen), waren aber vortrefflich geschult. Hierbei war fein 
treuer Gehilfe der alte Deffauer, der den eisernen Ladestock und damit das 
Schnellfeuer einführte, so daß die Preußen noch einmal so schnell schießen 
konnten als andere Soldaten. — Besonders liebte der König lange Soldaten, 
und fein Leibregiment war eine wahre Riefengarde. Die „langen Kerle" stammten 
ans aller Herren Ländern: der König nannte sie „seine lieben blauen Kinder". 
5. Im Nordischen Kriege besetzte er Stettin, vertrieb die Schweden aus 
Stralsund und Rügen und erhielt Vorpommern bis zur Peene. — Durch 
allzu große Anstrengungen hatte des Königs Gesundheit stark gelitten, und er 
starb schon im 52. Lebensjahre 1740. 
§ 20. Friedrich II., der Große (1740—178ö). 
*A. Seine Jugend. 1. Er wurde am 24,, Januar 1712 zu Berlin ge- 
boren. Schon frühe wurde er zu soldatischen Übungen angehalten, und mit 
10 Jahren mußte er trotz Wind und Wetter am Schlöffe Schildwache stehen. 
Sein Vater wollte ihn zu einem frommen Christen, sparsamen Menschen und
	        
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