§ 21. Dr. Martin Luther. 
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rufe feiner Schriften aufgefordert. Er bat sich einen Tag Bedenkzeit ans. 
Die Nacht verbrachte er in inbrünstigem Gebete. Das hatte feinen Mut 
gestählt, und nun verteidigte er in zweistündiger Nede feine Lehre. Als 
er trotzdem widerrufen sollte, wies er kühn dies Ansinnen zurück, indem er 
sprach: „Es sei denn, daß ich durch Zeugnis der Heiligen Schrift oder mit 
öffentlichen, hellen Gründen überwiesen werde, so kann und will ich nicht 
widerrufen, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen 
zu tun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders; Gott helfe mir! Amen." 
Die Freunde Luthers freuten sich über solchen Glaubensmut; aber feine 
Feinde drangen in den Kaiser, diesem Ketzer das freie Geleit zu brechen. 
Doch Karl V. wies diese zurück mit den Worten: „Ich will nicht mit 
Sigismund erröten." Obgleich er Luther in die Acht und damit für vogel¬ 
frei erklärte, so gönnte er ihm doch einundzwanzig Tage zur Rückreise. — 
Als Luther auf dem Wege nach Wittenberg in die Nähe von Eisenach kam, 
wurde er plötzlich von vermummten Rittern aus seinem Wagen gerissen und 
auf die Wartburg gebracht. Sein Kurfürst, Friedrich der Weise, hatte 
diesen Überfall angeordnet, um Luther in Sicherheit zu bringen. Auf der 
Wartburg lebte dieser fast ein Jahr als „Junker Jörg",, von vielen Freunden 
und Feinden für tot gehalten und begann hier die Übersetzung der Bibel. 
7. Fortgang der Reformation. Luthers Freund Dr. Karlftadt, 
ein schwärmerischer und unklarer Mann, hatte sich mit Leuten verbunden, 
die auf schnelle und gewaltsame Weife die Reformation durchführen wollten' 
Sie warfen Bilder, Altäre und Orgeln aus den Kirchen, verwarfen die 
Kindertaufe, forderten die Taufe Erwachsener und meinten, man bedürfe 
kein Studium mehr, der heilige Geist werde einen jeden erleuchten. Kaum 
hatte Luther von diesem Unwesen Kunde erhalten, da kehrte er nach Witten¬ 
berg zurück und stellte schnell durch sein Ansehen und seine Predigten die 
Ruhe wieder her. — Um auch dem gemeinen Manne eine Richtschnur 
des Glaubens und Lebens zu geben, arbeitete er mit treuen Genossen eifrig 
an der Übersetzung der Bibel weiter. Seine erste deutsche Bibel er¬ 
schien 1534. Damit erschloß er nicht nur eine Quelle rechter Gottes¬ 
erkenntnis, sondern gab auch seinem Volke ein Meisterwerk deutscher Sprache. 
Auch ging er an eine Neuordnung des Gottesdienstes. Die lateinische 
Messe, der Bilder- und Reliquiendienst und die Ohrenbeichte wurden ab¬ 
geschafft, dagegen das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht, die deutsche 
Liturgie und der Kirchengesang der Gemeinde eingeführt. Er selbst dichtete 
eine große Zahl herrlicher Lieder. Die Klöster wurden geöffnet, und die 
Geistlichen dursten sich verheiraten. Er selbst vermählte sich mit einer früheren 
Nonne, Katharina von Bora, mit der er in glücklicher Ehe lebte. — 
Für den Unterricht der Jugend sorgte er unausgesetzt; für sie schrieb er den 
kleinen und für die Geistlichen und Lehrer den großen Katechismus. — 
Die Reformation verbreitete sich bald über den größten Teil Norddeutsch- 
lands, und auch in Süddeutfchland fand sie, namentlich in den Städten, 
großen Anhang. Aber die bei dem alten Glauben gebliebenen Fürsten waren 
doch so mächtig, daß sie auf dem Reichstage zu Speier 1529 den Beschluß
	        
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