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wurde am 10. November 1483 in Eis leben geboren, wo sich seine
Eltern nur vorübergehend aufhielten; seine rechte Heimat war Mans¬
feld. Der Vater, ein armer Bergmann daselbst, aber der Sproß
eines Bauerngeschlechtes, konnte nur wenig an seine Ausbildung
wenden; doch war er auch nicht dagegen, als der wißbegierige
Sohn sich durchaus dem Studium widmen wollte. Martin Luther
verließ schon als Knabe das Vaterhaus und besuchte erst die
lateinische Schule zu Magdeburg, dann die zu Eisenach; mit Singen
vor den Thüren erwarb er sich seinen Lebensunterhalt. In Eisenach
nahm sich eine Kaufmannsfrau, die Witwe Cotta, des armen Schülers
an, von ihr empfing er Wohnung und Kost. Im Jahr 1501 bezog er
die Universität Erfurt, um nach dem Wunsche des Vaters Rechts¬
wissenschaft zu studieren; aber schon nach kurzer Zeit vertauschte er
diese mit der Theologie. Ein tiefes religiöses Bedürfnis und außer¬
dem eine heftige Gemütserschütterung, hervorgerufen durch den Plötz¬
lichen Tod eines Freundes, reiften den Entschluß in ihm, Mönch zu
werden. Im Jahre 1505 trat er in das Augustinerkloster zu Erfurt
ein. In der Erfüllung aller Vorschriften, im Rosenkranzbeten, Fasten,
Bettelngehen und Kasteien, that es ihm keiner seiner Ordensbrüder
gleich, den Frieden der Seele fand er aber dabei nicht. Durch das unab¬
lässige Studium der heiligen Schrift und der Kirchenväter gelangte er
zu der Einsicht, daß nicht die Werkheiligkeit, sondern der Glaube an
die göttliche Gnade gerecht und selig mache. In dem Vorsteher der
Augustinerklöster in Sachsen, Dr. St au Pitz, gewann er einen treu¬
meinenden Gönner, der ihn tröstete, wenn er traurig war, und ihn
ermutigte, wenn er unter Zweifeln und schweren Seelenkämpfen nach
der Wahrheit rang. Durch Dr. Staupitz bekam er auch bald einen
großen Wirkungskreis, denn ans dessen Empfehlung wurde er von
Friedrich dem Weisen als Professor an die neuerrichtete Universität
Wittenberg berufen und zugleich mit dem Amte eines Predigers
an der Schloßkirche betraut. Eiue Reise, die er 1511 in Angelegen¬
heiten seines Ordens nach Rom unternahm, bot ihm Gelegenheit, die
Verweltlichung der hohen und höchsten Geistlichkeit in nächster Nähe
zu beobachten. Seitdem erkannte er noch deutlicher als bisher die
Mißbräuche in der Kirche.
Einige Jahre darnach zog der Ablaßkrämer Tetzel im Auftrage
des Erzbischofs von Mainz durch Thüringen und bot Briefe oder Zettel
aus, die für die verschiedensten Sünden Vergebung verhießen. Die