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Geschichte des Alterthums. — Die Macedonier.
46. Demosthenes. 300.
Demosthenes als Knabe. Der Athener Demosthenes war der größte Redner
wrter den Griechen. Er hatte, kaum sieben Jahre alt, seinen Vater verloren. Als
rcÄr 15 einst emen Redner, und war von demselben so entzückt, daß er den
Entschluß faßte,, auch einmal ein solcher Redner zu werden. Von der Reit an
nahm er an kemem Spiele mehr Theil, sondern verwandte seine Zeit aus Lesen
Schreiben und Sprechen. '
Erste Reden. Als er nun erwachsen war, arbeitete er einst eine schöne Rede
« YT* bie’e öor bem versammelten Volke. Aber er wurde ausgepfiffen, und
alle Muhe achten vergeblich gewesen zu sein. Betrübt schlich er nach Hanse. Ein Freund
aber ermunterte ihn zu einem zweiten Versuche. Diesmal arbeitete er viel sora-
N^er und übte die Rede geläufiger ein. Aber ach! er wurde wieder ausgelacht.
L>as Gesicht m seinen Mantel hüllend, ging er wie vernichtet nach Hause
Wertere Vorbereitung. Daraus besuchte ihn ein anderer Freund und machte
ihn auf seine Fehler beim Reden aufmerksam. Demosthenes hatte aber als Redner
fcret Hauptfehler: erstlich sprach er zu leise, weil er eine schwache Brust und einen
kurzen Athem hatte; bann sprach er undeutlich, denn einige Laute konnte er garnicht
nrxfUs A Endlich hatte er die üble Gewohnheit, daß er mit den
^chseln zuckte, so oft er einen Satz ausgesprochen hatte. Wie sollte er aber solchen
Gebrechen abhelfen? Demosthenes verzweifelte nicht. Was der Mensch vernünftig
wtU, das kamt er. — Um feine Brust zu stärken, ging er täglich bie steilsten
Berge hinan, ober er trat an bas User bes Meeres, wo bie Wogen ein großes
Gebraufe machten unb suchte mit feiner Stimme bas Getöse zu übertönen. Um
das R unb einige anbere Laute hervorzubringen unb der Zunge die rechte Lage
zu geben legte er kleine Steine unter die Zunge, und so sprach er. Seine körper¬
liche Haltung und bas Mienenspiel übte er vor einem großen Spiegel. Die Haare
ließ er lich kurz ablcheeren, baniit er eine Zeit lang nicht ausgehen bürste, sonbern bie
Zeit auf ferne Kunst verwetiben konnte.
Er erntet Beifall. Nach solchen Vorbereitungen trat er enblich wieber auf,
unb hielt eine so ausgezeichnete Rebe, baß bas griechische Volk ganz entzückt war
und seinen Ohren nicht trauen wollte. Demosthenes würbe nun mit Lob- unb
Beifallsbezeugungen überschüttet, unb baburch aufgemuntert, fuhr er in feinem
streben nur noch emsiger fort. Ost hat er mehr gewirkt als ber beste Feldherr.
Nach Weiter u. a.
in. Die Macedonier.
47. Witipp von Wacedonien.
. Philipp und die Griechen. Während die Griechen sich durch unaufhörliche
Strtege unter einander aufrieben, zog von Norden her ein schweres Ungewitter
gegen sie auf. Dort, an der Grenze Griechenlands, hatte sich von ganz geringem
Ursprünge das Königreich Macedonien gebildet. Besonders wurde dasselbe unter
Ihuipp II. mächtig. Dieser war ein äußerst schlauer König unb Meister in der
Versteunngskunft. Er that ganz sreunblich gegen die Griechen, suchte sich in alle
ihre Angelegenheiten zu mischen unb bestach bie Häupter bes Volkes, um sie für
uch ZU gewinnen. Er pflegte zu sagen, keine Mauer sei so hoch, baß nicht ein mit
Gold beladener Esel hinüberkommen könne. Thörichter Weise zogen ihn die Griechen
selbst in ihre Händel. Die Thebaner riefen ihn aus alter Bekanntschaft nach
Griechenland herüber, um hier die Phvcier, welche den Tempelschatz zu Delphi
frevelhaft geplündert hatten, zu züchtigen; — so sehr war schon der Griechen eigene
Kraft gesunken. Der berühmte Redner Demosthenes zu Athen war ber einzige, ber
bas tingewitter heranziehen sah und mit allem Feuer ber Berebsamkeit barauf hin¬
wies. Aber keiner mochte es ihm glauben, baß ber kleine norbifche König ein so
gefährlicher Mann fei, unb sie ließen ihn ruhig burch bie Thermopylen ziehen.
Sobalb er aber festen Fuß in Griechenlanb gefaßt hatte, verfuhr er ganz nach
-Lvillkur, schaltete unb waltete wie in einem eroberten Laube.