§ 30
In Galizien 1914/15.
24
b) Eingehendere Darstellung.
Da^ahr1914.
1. Eroberung fast ganz Galiziens und der gesamten Bnkotvina durch die
Russen. — Während Dankl und Anffenberg durch eine kühne und zunächst auch
erfolgreiche Offensive (Siege bei Krasnik 23.-25. August 1914, Komarow 26. bis
29. August und ©am oft je 1. September) einem von Norden Her erwarteten russischen
Stoß zuvorzukommen versuchten, drangen die russischen Massen von Osten und
Nordosten her über Brody und Tarnopol ins Land. Infolge der „Millionenschlacht
von Lemberg" vom 25. August bis 3. September 1914 ging Lemberg verloren
(5. September), und als dann auch die Stellung hinter den Teichen von Grodek
nicht gehalten werden konnte, ergossen sich die Russen über das ganze Land. West¬
wärts kamen sie — Przemysl umzingelnd — bis zur Wisloka vor, im Osten besetzten
sie auch die Bukowina und drangen weiter westlich über den historischen Tataren¬
weg (Jablonica-Paß), der von den Pruth- zu den Theißquellen führt, in Ungarn
ein (bis Marmaros-Szigeth am Theiß).
2. Vorübergehende Befreiung Westgaliziens. Als Hindenburg seinen ersten
Vorstoß gegen Jwangorod und Warschau im Oktober 1914 unternahm, der mit
dem strategischen Rückzug endete (siehe Polen § 20, Abs. 3), drangen die Verbündeten
mich südlich von der Weichsel vor und säuberten Westgalizien einschließlich des be¬
lagerten Przemysl, das am 11. Oktober befreit wurde. Aber Hindenbnrgs strategischer
Rückzug in Polen hatte auch Hier ein Zurückweichen vor der russischen Dampfwalze
zur Folge. Schon am 11. November wurde Przemysl aufs neue von den Russen
umzingelt (kapitulierte aber erst am 22. März 1915). Ihr erneuter Vormarsch
nach Westen führte diesmal noch über die Wisloka hinweg, ebenso noch über den
Dunajec, bis 35 km vor Krakau. Durch die Kämpfe von Limanowa (12. Dezember
1914) wurde die Kampffront dann bis zum Dunajec zurückgedrängt, wo sie als ein
Teil der langgedehnten Winterstellnngslinie 1914/15 (Polaugen—Augustowo—
Bsura—Rawka—Nida—Dunajec) bis zum Mai 1915 festlag.
Das Jahr 1915.
30 1. Der Kampf um die Karpatenpässe nnd die Zurückgewinnung der Bukowina
nnd des angrenzenden Teiles von Ostgalizien (Februar bis April 1915). Im
November und Dezember 1914 Hatte Hindenburg seinen zweiten Vorstoß nach
Polen Hinein unternommen und hatte Westpolen (bis zur Bsura—Rawka) erobert.
Damit war der polnische, also der rechte Flügel der Russen zurückgedrängt worden.
An ihn schloß sich als mittleres Frontstück die Karpatenfront, an der sich von
Februar bis April 1915 das erbitterte Ringen um die Karpaten-(Ostbeskiden-)
Pässe im tief verschneiten Gebirge abspielte, um ein weiteres Vordringen der Russen
nach Ungarn Hinein — sie kamen zeitweilig (über den Lnpkow-Paß) bis Homonna —
zu verhindern. Es wurde gerungen um den Duklapaß (Boroevic; siehe im
Kriegsatlas die roten Armeeziffern nebst der Erklärung am unteren Rand),
den Lnpkowpaß (Deutsches Beskidenkorps unter Marwitz), den Uzsokpaß
(Linsingen) und den Beskid- und den Wyschkowpaß (Deutsche Südarmee unter
*) Nämlich bei Soissons 12. u. 13. Jan. 1915; Winterschlacht in der
Champagne, 20. Febr. bis 10. März 1915; Kämpfe um die Lorettohöhe, 4.,
17. u. 21. März 1915; Neuve Chapelle 12.—21. März 1915; zwischen Maas
und Mosel (Com breshöhe) 6.—11. April 1915.