— 103 —
war eine Freude für ihn. Er studierte nun mit großem Eifer darin. 1505
erlangte er die Magisterwürde und hielt Vorlesungen an der Universität zu Erfurt.
„Nicht lange hernach, als er in eine schwere und gefährliche Krankheit fällt,
darüber er am Leben verzagt, besucht ihn ein alter Priester, der sprach ihm tröstlich zu:
Seid getrost, Ihr werdet dieses Lagers nicht sterben, unser Gott wird noch einen großen
Mann aus (Euch machen, der viele Leute wieder trösten wird. Denn wen Gott lieb hat
und daraus etwas Seliges ziehen will, dem legt er zeitlich das heilige Kreuz auf."
(Matthesius.)
b. Luther im Kloster.
1. Im Kloster. Als Luther 1505 zur Osterzeit seine Eltern besuchen
wollte, verletzte er sich unterwegs mit einem Degen (wie ihn nach damaliger
Sitte die Studenten trugen) die Hauptader des Beines, so daß er fast den Tod
davon gehabt hätte. Bald darauf wurde sein Freund im Zweikampfe erstochen,
was ihn tief erschütterte. Und als er im Juli desselben Jahres von einer Reise
zu seinen Eltern nach Erfurt zurückkehrte, überraschte ihn ein heftiges Gewitter,
und ein Blitzstrahl fuhr dicht neben ihm in die Erde. Da dachte Luther:
„Wenn du nun getroffen wärst und vor deinem Richter ständest!" Es bangte
ihm um seine Seele, und er rief: „Hilf, liebe Sankt Anna*), ich will ein Mönch
werden!" In der Hoffnung, sich in klösterlicher Heiligkeit die ewige Seligkeit
zu verdienen, führte er dieses Gelübde (ohne Wissen seines Vaters) ans und trat
in das Augustinerkloster zu Erfurt ein. Hier schor man ihm das Haupt.
(S. 30.) Eine lederne Kappe und ein schwarzes Gewand mit weißem Schulter-
behänge ward seine Kleidung. Da er neu eintrat, so mußte er ein Probejahr durch¬
machen. (S. 30.) Er las nun fleißig in der Bibel. Die Mönche aber sagten
ihm: „Ei, Bruder Martin, mit Betteln und nicht mit Studieren dient man
dem Kloster." Luther ließ es sich blutsauer werden und unterzog sich den
niedrigsten Arbeiten. Er fegte die Zellen, läutete die Glocke, hütete die Tür
nud zog barfuß mit dem Bettelsacke in der Stadt umher, um Eier, Brot, Würste
und Geld zusammenzubetteln. Ruhe für seine Seele aber fand er nicht. Nach
dem Probejahre wurde Luther zum Priester geweiht. Aber feine Seelenkämpfe
dauerten fort. Er kasteite sich. Es war vergebens. Später sagt er von seiner
Klosterzeit:
„Ist je ein Mönch in den stimme! kommen durch IVtöncherei, so wollt ich auch
hineinkommen sein. Das müssen mir bezeugen alle Klostergefellen, die mich gekannt
haben. Denn ich hätte mich, wo es länger gewährt hätte, noch zu Tode gemartert
mit wachen, Beten, Lesen und anderer Arbeit .... Ich hielt täglich Messen, und in
jeder Messe rief ich drei heilige an. Ich mattete meinen Leib mit Fasten und wachen.
Aber ich richtete nichts aus."
Ost schloß er sich mehrere Tage in seiner Zelle ein und ließ sich nicht sehen.
Als er einst so wieder einige Tage einsam in seiner Zelle zugebracht hatte,
erbrachen einige Freunde die Tür und fanden ihn hier ohnmächtig am Boden
liegen. Erst als sie mit einigen Chorknaben im Kreuzgewölbe einen feierlichen
Choral anstimmten, brachten sie ihn wieder zur Besinnung. Ein alter Kloster¬
bruder aber und der Vorsteher der Augustinerklöster, Dr. Staupitz, der sich
seiner freundlich annahm, suchten ihn mit den Worten der Schrift zu trösten:
„So hatten wir es nun, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke,
allein durch den Glauben!" Das beruhigte ihn endlich. Im Jahre 1508
ernannte ihn Friedrich der Weife, Kurfürst von Sachsen, zum Professor an
der neugegründeten Hochschule in Wittenberg. Hier wohnte er im Augustiner-
*) Schutzheilige der Bergleute, Mutter der Jungfrau Maria.