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gemeinen Reichsgerichten. Andererseits beschränkten sie sich
ausschließlich aus das sogenannte peinliche Recht, wobei es
sich um Leben und Tod handelte, und machten sich besonders die
Bestrafung einer bestimmten Art von Verbrechen „gegen Gott,
Ehre und Recht zur Aufgabe. Dabei umgaben sie sich aus
guten Gründen mit allen Schreckmitteln eines geheimen
Justizverfahrens. Zwar gab es auch jetzt noch öffentliche
Sitzungen; aber daneben wurden andere eingerichtet, an denen
nur Freischöffen unter dem Vorsitz des Freigrafen teilnehmen
durften. War in diesen „stillen Gerichten" ein Angeklagter
schuldig befunden, so wurde die Acht über ihn ausgesprochen.
Ursprünglich hatte jeder Schöffe die Pflicht, ein gesprochenes
Urteil, wo und wie er konnte — natürlich gleichfalls heimlich
— zu vollstrecken; später wurden dazu wohl auch einzelne
Männer bestimmt. Bei der Ausdehnung der Thätigkeit über
das ganze Reichsgebiet wurden geheime Erkennungszeichen für
die „Wissenden" eingeführt. Die Aufnahme unter ihre Zahl
geschah in sehr feierlicher Weise, und zwar stets vor einem west-
Mischen Freistuhle. Der Aufzunehmende beschwor in einer
altertümlich-feierlichen Formel, daß er die Veme völlig geheim
halten wolle und daß er alles vor sie bringen werde, was vor
sie gehöre. Dann erfuhr er die heimliche Losung, die vier
rätselhaften Worte „Strick, Stein, Gras, Grein" und vor allem
ihre Erklärung. Auf Verrat des Geheimnisses stand Todes¬
strafe. Freischöffe konnte jeder erprobte freie Mann vom Land¬
mann bis zum Kaiser werden. Das heimliche Gericht, das
übrigens von Kaiser und Reich als durchaus gesetzlich aner¬
kannt war, durfte nur auf westfälischem Boden, auf „roter
Erde" „gehegt" werden, und auch da nur auf den altbekannten
Malstätten unter einer Eiche oder Linde, an einem Hagedorn
oder Hollunder; nie also hielt es, wie man es wohl in unseren
Ritterstücken sieht, seine Sitzungen in unterirdischen Räumen ab.
Die Veme findet ihre Rechtfertigung in der furchtbaren Zeit,
in der sie auskam. Verfolgte und Bedrückte aus allen deutschen
Gauen suchten und fanden hier Schutz. Erst als ruhigere
Zeiten kamen und das Volk wieder Vertrauen zu den regel¬
rechten Gerichten faßte, verschwanden die Vemgerichte all¬
mählich von selbst. Aber kümmerliche Reste erhielten sich bei den
zähen Westfalen bis in unser Jahrhundert. Das Volk erzählte
sich noch lange davon, zum Teil mit den wunderlichsten Übertrei¬
bungen. Und machen die heimlichen Richter nicht auch auf uns
noch einen fürchterlichen Eindruck, wenn wir sie in Göthes
„Götz von Berlichingen" oder Kleists „Käthchen von Heilbronn"
vor uns sehen?