8 3. Kaiser Wilhelm I.
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schaute. Preußen sollte erniedrigt werden. Im Gasteiner Vertrage hatte Preußen
das Herzogtum Lauenburg käuflich erworben und die Verwaltung Schleswigs
übernommen, während Österreich in Holstein herrschen sollte. Entgegen diesem
Vertrage wollte Österreich aus Schleswig-Holstein einen neuen Kleinstaat machen.
Auch damit wäre Preußen zufrieden gewesen, wenn man ihm die Hoheit über
die Flotte und das Heer dieses Landes zugestanden hätte. Doch diese Macht¬
vergrößerung gönnte Österreich Preußen nicht. Es übergab vielmehr diese Ange¬
legenheit dem deutschen Bundestage zur Entscheidung und berief eine Versamm¬
lung der holsteinischen Stände. Das war ein Bruch des Gasteiner Vertrags,
und darum ließ König Wilhelm durch seine Truppen Holstein besetzen. Da
beschloß der Bundestag auf Österreichs Antrag den Krieg gegen Preußen. König
Wilhelm löste den Deutschen Bund auf und machte sein Heer mobil. Nur wenige
deutsche Staaten stellten sich auf Preußens Seite, so Braunschweig, Mecklenburg
und Oldenburg. Mit Preußen verbündete sich der König von Italien, der Vene-
tien erobern wollte. Sachsen, Hannover und Kurhessen wurden die günstigsten
Bedingungen gestellt, doch traten sie auf Österreichs Seite. Sofort wurden die
Hauptstädte dieser drei Staaten von den Preußen besetzt. — Diese stellten
eine Westarmee auf, die nach dem Maine zu marschierte, und die Haupt¬
armee, 256 000 Mann, in Sachsen und Schlesien.
2. Der Krieg in Böhmen. Die Hauptarmee rückte nach dem Plane
des großen Schlachtendenkers, General Moltke, in drei Heeressäulen in
Böhmen ein, die Erste Armee unter dem Oberbefehle des Prinzen Fried¬
rich Karl über Zittau und Reichenberg in Böhmen, die Zweite Armee unter
dem Kronprinzen von Landeshut und Glatz her und die Elbarmee, befehligt
von Herwarth von Bittenfeld, von Dresden aus. Alle drei Armeen sollten
sich im Thal der oberen Elbe vereinigen. Die Elbarmee kämpfte siegreich bei
Hühnerwasser; Prinz Friedrich Karl siegte bei Münchengrätz und Git-
schin. Die Schlesische Armee, zuerst bei Trautenan zurückgeschlagen, siegte
hier am Tage darauf und schlug die Österreicher entscheidend bei Nachod, Skalitz
und Schweinschädel, wo General von Steinmetz das Kommando führte. Jetzt
eilte König Wilhelm selbst, trotz seiner siebzig Jahre, zu seiner Armee, begleitet
von Bismarck, Moltke und Roon, und traf am 2. Juli in Gitschin ein. An
demselben Tage erhielt man hier die Meldung, daß die gesamte österreichische
Armee unter dem General Benedek nur drei Meilen entfernt bei Königgrätz
und Sadowa stehe. Schon am folgenden Tage sollte sie angegriffen werden.
In der Nacht ward dem Kronprinz der Befehl überbracht, so schnell als mög¬
lich auf dem Kampfplatze zu erscheinen. —
Die Österreicher hatten eine sehr günstige Stellung; sie waren durch die
Bistritz geschützt und hatten die Höhen, die ostwärts des Flüßchens liegen, be¬
setzt und auf jede mögliche Art befestigt. Am Morgen des 3. Juli regnete
es in Strömen. Prinz Friedrich Karl griff das Zentrum der Feinde an, aber
sonnte trotz der größten Tapferkeit und Ausdauer feiner Soldaten nur mit
Mühe feine Stellung behaupten, an ein Vorrücken war nicht zu denken. Um
Mittag stand die Schlacht, noch war der Kronprinz nicht herangerückt. Dieser
war frühzeitig aufgebrochen, aber die vom Regen aufgeweichten Wege hatten
ihn aufgeholten. — Endlich, gegen zwei Uhr, erhielt der König die Freuden¬
botschaft, daß des Kronprinzen Heer da fei und schon den rechten Flügel der
Feinde angegriffen habe. Nun war Benedeks Geschick entschieden. Die preußische
Garde stürmte und behauptete das Dorf Chlum, den Schlüssel der feindlichen
Stellung. Die Truppen des Prinzen Friedrich Karl gingen siegreich zum
Angriff über, und die Österreicher ergriffen die Flucht. König Wilhelm hatte