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§ 9. Friedrich II., der Große (1740—1786).
Aber in dem Staate herrschte die strengste Ordnung, der Staatsschatz war
gefüllt, das Heer zahlreich und wohlgerüstet und die Bevölkerung wohlhabend.
Das war das Verdienst Friedrich Wilhelms I. — Friedrich II. vergrößerte
Preußen bedeutend durch die Erwerbung Schlesiens und Westpreußens, durch
treue, landesväterliche Pflege von Landwirtschaft, Gewerbe und Handel brachte
er sein Land zu hoher Blüte. Sein Name ward überall mit Achtung ge¬
nannt, (Holtei: der Preuße in Lissabon), und sein Wort war ausschlaggebend
im Rate der Fürsten: Preußen war durch ihn zur Großmacht geworden.
§ 9. Friedrich II., -er Grosze (1740—1786).
A. Seine Jugend.
1. Friedrich wurde geboren am 24. Januar 1712. Seine erste Er¬
ziehung wurde seiner Mutter und einer französischen Erzieherin überlassen,
durch letztere gewann der Prinz frühe große Vorliebe für die französische
Sprache. Von seinem 7. Jahre an kam er in militärische Zucht. Sein
Vater, Friedrich Wilhelm I , schärfte den Erziehern des Prinzen ein, daß sie
aus demselben einen gottesfürchtigen und sparsamen Menschen und tüchtigen
Soldaten machen sollten. Bald aber mußte der König sehen, daß sein Sohn keine
dieser Hoffnungen erfülle. Friedrich wurde durch allzu lang ausgedehnte An¬
dachten nud durch einen geistlosen Religionsunterricht dem Christentum ent¬
fremdet. Auch verdroß es ihn, daß ihm sein Vater zu wenig Geld gab. Er
liebte modische Kleidung, konnte mit dem ihm gegebenen Gelde selten aus¬
kommen und machte Schulden. Auch den Waffenübungen konnte er keinen Ge¬
schmack abgewinnen, wohl aber französischen Büchern; gern blies er die Flöte.
Ergrimmt schalt ihn der strenge König „einen Querpfeifer und Poeten", und
fprach: „Fritz macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze
Arbeit verderben!"
2. Der Zwiespalt zwischen Vater und Sohn ward immer größer.
In Gegenwart von Hofbeamten strafte der König seinen Sohn mit Worten;
ja sogar Stockschläge mußte sich derselbe gefallen lassen. Voll Hohn rief er
ihm einst zu: „Wenn mich mein Vater so behandelt hätte, so wäre ich gewiß
geflohen!" Dieses Wort des Vaters brachte den Kronprinzen zu dem Ent¬
schlüsse, zu seinem Oheim, dem Könige von England, zu fliehen. Als er (1730)
mit seinem Vater aus einer Reise in die Nähe von Heidelberg kam, versuchte
er heimlich zu entweichen, um jenseits der französischen Grenze mit seinen
Freunden Keith und Katte zusammenzutreffen. Ein Brief des letzteren, der
den Fluchtplan enthielt, war aber aufgefangen worden, und der König ließ den
Kronprinzen als Deserteur gefangen auf sein Rheinschiff bringen. In Wesel
ward Fritz vor seinen Vater geführt, und dieser wurde durch den Anblick seines
Sohnes und durch dessen entschlossene Antworten in solche Wut versetzt, daß
er ihn durchbohrt hätte, wäre der General von Mosel nicht dazwischen getreten.
— Von hier wurde Friedrich nach Küstrtn gebracht und in strenger Hast ge¬
halten. Sein Freund Katte wurde hingerichtet, und auch über den Prinzen sollte
ein Kriegsgericht das Todesurteil sprechen, doch fand der König allseitigen
Widerstand.
3. Versöhnung. Da sich der Prinz endlich reumütig seinem Vater
unterwarf, so milderte sich der Zorn desselben. Aber der Kronprinz mußte
noch in Küstnn bleiben, wurde bei der Domänenkammer daselbst beschäftigt