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§ 10. Friedrich Wilhelm I. (1713-1740.)
1772 kam es zwischen Rußland, Österreich und Preußen zu der 1. Teilung
Polens, bei der Friedrich Westpreußen (außer Danzig und Thorn) und das
Land an der Netze erhielt, das unter seiner väterlichen Regierung bald
emporblühte. (Siehe § 5. 1.)
In Österreich war auf Maria Theresia ihr Sohn Joseph H. gefolgt,
der sein Volk, wie Friedrich der Große das seine, glücklich machen wollte.
Doch ging er in seinen Neuerungen: Aufhebung der Leibeigenschaft und der
Klöster, Anerkennung aller Religionsbekenntnisse u. s. w., zu schnell vor, darum
waren dieselben nicht von langer Dauer, und er selbst erntete Undank. Dieser
Fürst wollte, als in Bayern das Herrscherhaus ausstarb, einen großen Teil
dieses Landes für Österreich erwerben. Aber Friedrich der Große fiel 1778
mit seinem Heere in Böhmen ein, und so kam es bald zum Frieden von
Teschen (Österreich. Schlesien) 1779, in dem Joseph II. nur das Jnnviertel
erhielt.
6. Friedrichs Tod. Alle treuen Genossen des Königs aus den schweren
Zeiten der Kriege und den ruhigen Zeiten geistigen Schaffens waren ins
Grab gesunken. Er selbst lebte vereinsamt, oft von der Gicht gequält, aber
unermüdlich für feines Volkes Wohl schaffend. Am 17. August 1786 starb er,
von seinem Volke, das ihn abgöttisch verehrte, tief betrauert. — Sein Name
aber wird stets von seinem Volke in Ehren gehalten werden, denn er hat
Preußen zu einer achtunggebietenden Großmacht erhoben!
§ io. Friedrich Wilhelm I. (1713—1740.)
1. Sein Charakter. Er war ber einzige Sohn Friebrichs I., bes
ersten Königs von Preußen. Dieser war bem verberblichen Vorbilbe Ludwigs
XIV. von Frankreich gefolgt (§ 5, 2) unb hatte, wie bie meisten Fürsten seiner
Zeit, einen prunkvollen Hofhalt geführt. Friebrich Wilhelm I. aber haßte
Pracht, Glanz unb alles ausländische, namentlich französische Wesen. Balb
nach bem Begräbnis seines Vaters entließ ber König bie Mehrzahl ber un¬
nützen Hofbeamten. Er verkaufte viele Juwelen unb kostbare Gerätschaften
unb bezahlte mit bem Erlös bie Schulden, die sein Vater hinterlassen hatte.
Seine Lebensweise war die eines wohlhabenden Bürgers; die Mahlzeiten be¬
standen aus Hausmannskost. Er trug den schlichten Soldatenrock und war
ein Bild derber Gesundheit. — Von Wissenschaften und Künsten wollte er
nur soviel gelten lassen, als sie handgreiflichen Nutzen brachten. Widerrede
vertrug er nicht; „Räsonnier Er nicht!" das war auf dergleichen seine Ant¬
wort. — Er selbst arbeitete gern und fleißig und forderte dies auch von
feiner Umgebung und seinen Beamten. Schlichte, aufrichtige Frömmigkeit war
ein Grundzug seines Wesens. (Sein Wahlfpruch: Ich bin kein Pietist, aber
Gott vor alles in der Welt und alles mit Gott!) Und so stellte er das Bild
eines rechten, strengen deutschen Hausvaters dar. — Seine Erholung fand
er in der Jagd und im Tabakskollegium, wo er sich mit seinen Freunden
ohne allen Zwang unterhielt.
2. Er wollte, daß fein junges Königreich zu feinem hohen Titel nun
auch die Machtmittel erlange, durch die es den andern Reichen ebenbürtig
werden könne. Darum erstrebte seine Regierung dreierlei, nämlich, 1) daß
der Wohlstand des Volkes gehoben, 2) die Einnahmen des Staates ver¬
größert uud 3) das Kriegsheer vermehrt und kriegstüchtig gemacht werde.
Er zog viele Kolonisten ins Land, denen er Grund und Boden schenkte.
So nahm er 20000 evangelische Salzburger auf, die der Bifchof von Salz-