Full text: Von der Gründung der Mark Brandenburg bis zum Wiener Kongreß (Teil 2)

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der Aureole junger Sieger nach Paris zurückzukehren und den 
nationalen Widerstand gegen die Fremden überhaupt in größerem 
Maßstabe zu organisieren. _ 
In der Tat gelang es ihm, wenigstens zum Teil, den ersten 
Punkt seines Programms durchzuführen. Rasch stürzte er sich aus 
Blücher und besiegte ihn, am 16. Juni, bei Ligny; spät am Abend 
erst fiel die Entscheidung; Blücher selbst suchte noch einmal das 
Glück an seine Mahnen zu fesseln, indem er an der Spitze eines 
Hü särenregimentes eine Attacke mitritt; nur mit Mühe ist er durch 
feinen Adjutanten Nostitz gerettet worden,' und zwei Stunden hin¬ 
durch war das Hauptquartier ohne Nachricht Über bas Schicksal bes 
obersten Feldherrn. So fiel"'Gneisenau die volle Verantwortlichkeit 
für die Leitung des Rückzuges zu; er hat ihn in geregelte Formen 
gebracht, so daß die Truppen schon in den nächsten Tagen wieder 
kampfestüchtig waren, und er hat ihn nicht nach Osten zu aus¬ 
geführt, wie es am natürlichsten schien und auch von Napoleon 
vorausgesetzt wurde, sondern nach Norden, in einer Richtung, die 
die spätere Vereinigung des preußischen Heeres mit Wellington und 
damit einen schließlich gemeinsamen Sieg beider Heere nicht aus¬ 
schloß. 
Dennoch war die Schlacht von Ligny ein starker Erfolg für 
Napoleon, zumal sich der Marschall Net) gleichzeitig bei Quatrebas 
wenigstens einigermaßen gegen die Angriffe von Heeresteilen Welling¬ 
tons unter ber Führung des Prinzen von Oranien hielt. 
Freilich: sollte der Erfolg voll ausgenutzt werden, so bedurfte 
es des unmittelbaren Angriffes gegen das Westheer und die Ver¬ 
nichtung Wellingtons. Und hier, in einer entscheidenden Stunde, 
hat der Kaiser, trotz aller Klarheit über das Ziel, im einzelnen zu 
viel geschwankt unb gezögert; bie alte HuMgkeit_ _d er Energie, bie 
Fähigkeit äußerster Anstrengung des Nervensystems schien ihn ver¬ 
lassen zu haben. Langsamer als nötig vereinigte. £X sich mit betn 
Heere Neys unb zog dann'auf ber Brüsseler Straße gegen Welling¬ 
ton heran. Wellington hatte sein Heer füblich von Waterloo aus¬ 
gestellt ; in einer weiten Linie von 5000 Fuß Länge, mit einem 
detachierten Korps von 18000 Mann zum Schutze bes rechten Flügels, 
währenb er bie Sicherung bes linken Flügels burch ben Anmarsch 
der Preußen erwarten bürste. Es war das letzte Mal, daß die alte I 
Taktik des 18. Jahrhunderts, wenn auch nach sehr umgemodelter [ 
Form, in erfolgreicher Weise zur Anwendung gelangte. Der breiten 1 
Front dieser Truppen gegenüber entfaltete Napoleon erst um die, 
Mittagsstunbe bes 18. Juni, nach heftigem Regengüsse, von ©üben 
her, von Belle-Alliance aus, seine burch bie Strapazen ber letzten Tage 
vielfach mitgenommene Truppenmacht. Die Schlacht verlief in zäh 
unb zäher wieberholten Versuchen Neys, ber an bes Kaisers Stelle 
anorbnete, bie Mitte ber Schlachtorbnung bes Gegners zu burch- 
brechen; jeber Fußbreit Laubes in biefer Mitte würbe bestritten unb
	        
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