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gewonnenen Erfolge gebracht und endlich durch Parteinahme gegen
ihn der feindlichen Übermacht schutzlos preisgegeben hatten, ist die -
von ihm vollzogene Wendung menschlich begreiflich. Politisch aber'
schoß sie über das Ziel hinaus und ordnete die um der eignen Zu¬
kunft willen gebotene Achtung vor den allgemeinen Interessen einer
nicht mehr staatsmännischen Begierde nach Vergeltung unter. Diese,
und die Hoffnung, sie mit Frankreichs Hilfe zu befriedigen, trieb
ihn immer mehr in eine Richtung, die selbst dem unpatrwüschen
Denken jener Zeit mit dem unvereinbar erscheinen mußte, was
Pflicht eines deutschen Fürsten blieb. Es war ganz wörtlich zu
nehmen, wenn er bekannte, sich unlösbar an den König geknüpft zu
haben, diesen seiner unverbrüchlichen Treue versicherte, und ihm
selbst die Verfügung über seine festen Plätze mit allem ihrem Inhalt
einzuräumen bereit war. Ist damals doch sogar daran gedacht
worden, für Ludwig XIV. eine Kompagnie von hundert märkischen
Edelleuten zu bilden, die immer des Kurfürsten zweiter Sohn be¬
seligen sollte! Die Haltung Friedrich Wilhelms während des
nächsten Lustrums zu erklären, oder gar, wie man wohl gemeint hat,
zu rechtfertigen, reicht der peinvolle Widerspruch doch nicht aus, der
zwischen der Knappheit seiner Finanzen obwaltete und der Not¬
wendigkeit, ein beträchtliches Heer schlagfertig zu halten, die ihm die
Unsicherheit der politischen Lage mit ihrer unausgesetzt drohenden
Kriegsgefahr auferlegte. Letzteres war ihm aus eigenen Mitteln
unmöglich: er brauchte dazu fremdes Geld, und da Spanien, der
Kaiser, die Niederlande die ihm vertragsmäßig zugesicherten Summen
nicht gezahlt hatten, auch die Nachzahlung nicht zu erlangen war,
ja das immer ungestümere Drängen auf endliche Befriedigung seiner
Ansprüche und die völkerrechtswidrige Selbsthilfe, zu der er Spanien
gegenüber endlich griff, indem er sich durch Kaperei im großen Stil
bezahlt zu machen suchte, gar. neue kriegerische Verwickelungen zu
veranlassen drohten, so waren und blieben ihm die französischen
Hilfsgelder unentbehrlich, wenn er überhaupt gerüstet bleiben wollte.
Das aber mußte er, um nicht bei der ersten Gelegenheit seinen
ringsum lauernden deutschen Gegnern preisgegeben zu sein. Er
teilte damit das Schicksal so manches deutschen Fürsten der Zeit,
deren Heere in dem Augenblick hätten entlassen werden müssen, wo
die Französischen Gelder ausblieben. Er war vielleicht nur insofern
weniger schuldig als jette, als er zunächst allerdings nur durch die
Verhältnisse ihm aufgezwungene defensive Ziele verfolgte. Uber nur
zu bald führte auch ihn die damit betretene abschüssige Bahn dahin,
daß er mit französischem Gelde die Mittel zur Beraubung seiner-
deutschen Mitstände bereitzustellen strebte. Das Verhältnis erscheint
selbst für jene Zeit, die für derartige Dinge einen so ganz anderen
Maßstab hatte, um so bedenklicher, und nahm um so mehr den ■
Charakter einer wirklichen französischen Vasallenschaft an, als nach¬
weislich der Unterhalt der^randenburgischen Armee während der
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