Full text: Vom Wiener Kongreß bis zur Gegenwart (3)

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rheinischen Unternehmertums an den Staatskanzler Hardenberg die 
Bitte gerichtet, für die Aufhebung aller Binnenzölle Deutschlands 
und die Verlegung der Zollinien an die Bundesgrenze Sorge zu 
tragen. Eine positive Antwort darauf war einstweilen nur das 
preußische Zollgesetz gewesen. Wenn dies aber in seinen Einführungs¬ 
worten damit begründet wurde, daß sich „allgemein und klar das 
Bedürfnis zeige, durch eine angemessene Besteuerung des äußern 
Handels und des Verbrauchs fremder Waren die inländische Gewerb- 
samkeit zu schützen", so lag auf der Hand, daß dieser Zusammenhang 
eigentlich auf eine deutsche Zollgesetzgebung führen mußte. In der 
Tat erklärte sich Preußen auch schon 1818 bereit, auf der Grundlage 
seines neuen Zollgesetzes mit anderen Staaten in zollpolitische 
Verhandlungen einzutreten. Und einen leisen Zwang auf die 
deutschen Nachbarn in dieser Richtung übte seine Zollgesetzgebung 
auch insofern aus, als sie die außerdeutschen Staaten, insbesondere 
England, bei denen damals schutzzöllnerischer Haltung durch sein 
mildes, fast halb freihändlerisches System im Grunde begünstigte. 
Es war eine Tendenz, mit der sich zunächst die Anschauung ver¬ 
bunden hatte, England werde infolgedessen dem Import der not¬ 
leidenden preußischen Landwirtschaft besonders bereitwillig seine 
Grenzen öffnen: und agrarische Hoffnungen in dieser Richtung 
sprachen sich nicht zum geringsten in der Tatsache eines nur sehr 
mäßigen Zollschutzes der Industrie aus. Diese Hoffnungen haben 
sich nun nicht erfüllt; erst ein Menschenalter später hat England 
feine harten Kornzölle ermäßigt. 
Um so mehr aber durfte man erwarten, daß die im ganzen 
Systeme liegende, den deutschen Staaten ungünstige differenzielle 
Behandlung diese zum Eintritt in ein gemeindeutsches Zollsystem 
erreichen werde. Wirklich stellte sich auch allmählich eine dem¬ 
entsprechende Stimmung ein. Man sah die preußische Volkswirtschaft 
unter dem neuen System langsam erblühen, während man selbst der 
ausländischen Konkurrenz fast schutzlos überliefert war. Namentlich 
die unmittelbaren Nachbarn Preußens seufzten. Andrerseits aber 
war man doch auch in Preußen nicht recht zufrieden: das Reform¬ 
werk wollte erst dann voll geglückt scheinen, wenn es gelänge, 
wenigstens die nächsten Nachbarstaaten ihm einzubeziehen. 
Es versteht sich, daß dieses Hin und Her der Stimmungen 
wie geschaffen war, um einer öffentlichen Agitation zum Leben zu 
verhelfen. Und schon 1819 hatte sie eingesetzt. In diesem Jahre 
wurde, angeregt vornehmlich durch den Tübinger Professor Friedrich 
List, den großen schwäbischen und deutschen Volkswirt, zu Frankfurt 
und Nürnberg ein Handelsverein gegründet in der Absicht, durch 
ihn einen allgemeinen deutschen Zollverband verwirklichen zu helfen. 
Und so wäre man wohl rasch vorwärts gelangt, wenn die süddeutsche 
Agitation und die preußische Praxis sich hätten verständigen können. 
Allein daran war so bald nicht zu denken. In alten reichsdeutschen
	        
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