Full text: [Teil 3 = 6. u. 7. Schulj] (Teil 3 = 6. u. 7. Schulj)

97 
3. Meten, die alte Magd, kommt ihm entgegen. „Ach, Meten, 
Meten!" sagte er, „es gibt ein Mäusejahr! Ein Mäusejahr, wie in 
diesem Jahrhundert noch keines gewesen ist. Die Mäuse sind im 
Weizen; sie sind auf der Hofstelle, sie nagen am Bettpfosten, sie fallen 
uns bei lebendigem Leibe an. Es geht mit uns zu Ende, Meten." 
Er ist wieder einmal hinuntergegangen, um den Jammer zu 
sehen. Es kommt ihm einer entgegen, der hat auch ein Weizenfeld 
da unten und hat auch Schulden bis an den Hals. Der ist ordentlich 
alt geworden in den paar Tagen. „Was sagst du, Jörn?" — „Ja, 
was soll ich sagen, Peter? An unserm Pflügen hat's nicht gelegen. 
Es ist außer unsrer Macht." Der nickt und geht an ihm vorüber. Er 
hat fünf Kinder im Hause. 
4. Im Anfang August fängt es an zu regnen, und es ist Hoffnung 
vorhanden, daß eine Krankheit unter die Mäuse kommt und sie rasch 
wegsterben, wie sie gekommen sind. Aber der Regen ist warm und 
weich und anhaltend. So recht ein Regen, bei dem selbst Kinder 
es aufgeben, auf gut Wetter zu hoffen, und in Haufen unter der 
Dachtraufe stehen und sich was erzählen: Damals, als die Sonne noch 
schien... So eine Woche, noch eine Woche, nun die dritte. Es ist 
ja Erntezeit. Wann soll denn die Sichel in der Sonne blinken? 
Es hat keinen Zweck mehr, nach den Weizenfeldern zu gehen; 
da ist nichts mehr zu suchen. Gustav Frenssen. (I°rn uhi.) 
64. Mein Eintritt ins Handwerk. 
1. „Aür einen Bauern ist er zu schwächlich, wird halt ein Pfarrer 
oder ein Schneider werden müssen!" Das war das Ergebnis der 
Beratung, die eines Abends über mich in der Stube des Waldbaueru 
abgehalten wurde. 
Meine Mutter ging also zu dem Geistlicheu, Hilfe heischend, daß 
ich zum Studieren kommen könne. Der Herr Dechant 19 sagte ihr 
aber: „Lass' die Waldbäuerin das bleiben! Wenn der Bub' sonst 
keine Anzeichen für den Priester hat, als daß er schwach ist, so soll er 
was andres werden. Er kann ja ein Handwerk lernen." 
Run, so ging denn meine Mutter vom Herrn Dechanten zuni 
Schneidermeister; sie hätte einen Buben, der möcht Schneider werden. 
— Was ihn auf diesen Gedanken brächte? — Weil er halt so schwäch¬ 
lich wäre. Da stand der Meister auf uttd sprach: „Ich will der Wald¬ 
bäuerin nur sagen, daß der richtige Schneider ein kerngesunder Mensch 
sein muß. Einmal das viele Sitzen, nachher zur Feierabendzeit das 
weite Gehen über Berg und Tal und das ganze Zeug mitschleppen 
wie der Soldat seine Rüstung. Hernach die unterschiedliche Kost: 
Heid er und Nohl, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. III. Teil. 7
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.