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verdienen," antwortete der Schneider. „Kann Er denn das
in Dresden und Leipzig nicht?" fragte der König weiter.
„Doch," sagte der Geselle, „aber man will doch auch
die Welt sehen, und in Berlin bekommt man, wenn
man sein Handwerk versteht, mehr Geld als in
Sachsen." „So," fuhr der König fort, „versieht Er sein
Handwerk denn?" Da lachte der Bursche und sagte: „Was
eine Frage! Ich werde doch nicht nach Berlin gehen, wenn
ich ein Pfuscher bin! Nein, ich will mich nicht rühmen,
aber ich bin ein so tüchtiger Schneider, wie der
alte ,Fritz ein König."
Über dieses Lob lachte der König und sagte: „Wenn
das der König gehört hätte, so ließe er Ihm ein Viertel¬
dutzend aufzählen!" „Fehlgeschossen!" rief der Schneider, „er
gäbe mir eher ein Vierteldutzend Friedrichsdor." „Nun,"
sagte Friedrich, „weil Er eine so gute Meinung von dem
König hat, so muß ich als dessen Freund Ihm das
Vierteldutzend geben." Damit fuhr der König rasch in
die Tasche und gab dem Schneider drei Friedrichsdor. Dieser
dachte, der alte Herr wolle einen Spaß machen und ihm
drei Dreier schenken. Er nahm sie und bedankte sich; aber
wie erstaunt war er. als wirklich drei Goldstücke in
seiner Hand blinkten. Rasch zog er seine Mütze und
rief: „Ach Gott, der König!" „Wenn ich's denn wäre,"
sagte lachend dieser, „so wäre ich ja dein Kamerad." „Ich
bitte tausendmal um Verzeihung!" bat der Schneider. „Geh
nur," sagte Friedrich, „und wende das Geld gut an!" „Ach,
ich will's überall sagen, wie gnädig Ew. Majestät
sind!" rief dankbar der glückliche Schneider. „Das thut
Er nicht!" rief da der König: „halt' Er mir nur den
Mund, sonst kommen am Ende alle Schneider-
gesellen und wollen es probieren, wie Er. Nein,
ich brauche mein Geld nötiger. Halte er ja den
Mund!"
Friedrich der Große und der junge Franzose.
Friedrich der Große pflegte jedesmal, wenn er einen
neuen Soldaten in einem seiner Garderegimenter erblickte,
denselben anzureden und folgende Fragen an ihn zu richten: