Full text: Das Haus Hohenzollern

— 29 — 
Herrn, der sich als Kabinetts-Sekretär Sr. Majestät vor¬ 
stellte. Derselbe brachte der kleinen Grete eine goldene Kette 
mit Kreuz. In dem letzteren befindet sich ein herrlich fun¬ 
kelnder Brillant." 
Was aus Kasseler Gymnasiasten alles werden kann. 
Vom Aufenthalte des Kaisers in Königsberg in Preu¬ 
ßen im Jahre 1890 erzählt man sich einige interessante 
Einzelheiten. Als der Rektor der Universität, Professor 
Bezzenberger, die Bitte an den Kaiser richtete, den jugend¬ 
lichen Kronprinzen in das Buch der Universität zu inskri¬ 
bieren, äußerte der Kaiser ernst, daß der Prinz wohl eigentlich 
noch ein wenig zu jung sei, dann aber fügte er rasch hinzu: 
„Aber ich will es gern thun; nur sind mir die Floskeln des 
großen Stils, der bei solchen gelehrten Handlungen ja wohl 
üblich ist, nicht recht geläufig. In welcher Weise wird denn 
eine solche Schrift abgefaßt?" Professor Bezzenberger ant¬ 
wortete daraus, daß der einfache Satz: „Ich, Wilhelm, Kaiser 
und König, habe heute meinen vielgeliebten Sohn, den 
Kronprinzen Wilhelm, in die Zahl der akademischen Burger 
aufgenommen", vollständig genügen würde; und nun nahm 
der Kaiser die Feder und schrieb rasch mit kräftigen Zügen 
den gewünschten Satz lateinisch in das Buch ein. Den 
Namen des Kronprinzen nannte er nicht, „weil" — wie er 
scherzhast meinte — „der Junge ja ebenso wie der Alte 
heiße." Nach der Inskription sagte der Kaiser: „Nun 
habe ich wieder einmal Latein geschrieben; ich bin 
jetzt etwas aus der Übung gekommen, aber früher 
auf dem Gymnasium in Kassel verstand ich es ganz 
vortrefflich, denn ich habe einen ausgezeichneten 
Lehrer gehabt." Als hierauf Professor Bezzenberger 
äußerte, er kenne diesen Lehrer sehr gut, da auch er in 
Kassel das Gymnasium besucht habe, erwiderte der Kaiser: 
„Sie waren auch dort? Nun sehen Sie mal, was 
aus Kasseler Gymnasiasten alles werden kann!"
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.