Full text: Das Haus Hohenzollern

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Diese Worte des dreizehnjährigen Mädchens vernahm ein 
älterer Herr, der auch in die Kirche ging, und da ihm das 
kleine Mädchen auffiel, sprach er: „Mein Kind, was würdest 
du denn wohl thun, wenn du eine Prinzessin wärest? Gewiß 
würdest du nur die schönen Kleider gern haben. Jst's 
nicht so?" 
Martha errötete vor Scham und wollte anfangs nicht 
antworten; als aber der fremde Herr sagte: „Nun, so sprich 
doch!" da sagte Martha: „Wenn ich eine Prinzessin wäre, 
so würde ich reich sein, und dann möchte ich sofort zum 
Doktor gehen und ihn bitten, daß er zu meinem kranken 
Vater käme und ihn gesund mache. Daun ging ich zur 
Apotheke und holte die Medizin. Und die Mutter könnte 
dann auch eine Fleischsuppe dem Vater kochen, und wenn 
ich dann konfirmiert würde, könnte ich arbeiten und Geld 
verdienen und meine Eltern ernähren." 
„Darum bloß möchtest du eine Prinzessin sein!?" er¬ 
widerte der Herr. — „Ja, nur darum!" 
Nun fragte der Herr nach dem Namen des Kindes uud 
den Eltern desselben und ging dann eilends in die Kirche, 
um der Einsegnung beizuwohnen. 
Der Herr aber war ein Maler und vornehmer Pro¬ 
fessor, welcher vordem unsere Kaiserin im Zeichnen und 
Malen unterrichtet hatte. 
Als er am Tage nach der Einsegnung der Prinzessin 
Auguste Viktoria seine Glückwünsche darbrachte, sprach diese: 
„Da ich an einem wichtigen Markstein meines 
Lebens stehe, so ist es mir ein Herzensbedürfnis, 
irgend eine Wohlthätigkeit auszuüben. Können 
Sie mir, geehrter Herr Professor, vielleicht irgend 
eine Ihrer bedürftigen Schülerinnen nennen, die 
ich unterstützen könnte?" 
„Durchlaucht," erwiderte der Maler, „meine Schüler¬ 
innen sind fast alle vermögend; aber dennoch weiß ich Ihnen 
eine Familie zu nennen, die in bitterer Not lebt." Und er 
erzählte alles, was die kleine Martha gestern zu ihm gesagt 
hatte. 
Tiefgerührt hörte die Prinzessin Viktoria zu und sagte: 
„Wenn das Mädchen nur aus Liebe zu ihren Eltern
	        
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