Full text: Vom Beginne des Mittelalters bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges (Teil 2, [Schülerband])

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Vierter Zeitraum. 
starb, wählten die böhmischen Stände Heinrich, den Sohn Mein- 
hards von Kärnten, zum Könige (1307). 
3. Die Begründung der Schweiz. a) Die Sage. Angebliche Be- 
drückungen durch die österreichischen Vögte Hermann Geßler und 
Beringer von Landenberg veranlaßten die Bewohner der Wald- 
stätten, sich auf der einsamen Bergwiese Rütli zum Kampfe gegen 
die Habsburger zu vereinigen. Aber noch vor dem festgesetzten Tage 
kam die Bewegung infolge einer neuen Willkürtat Geßlers, der den 
berühmten Schützen Tell zwang, einen Apfel vom Kopfe seines 
Sohnes herabzuschießen, zum Ausbruche; Tell tötete den Vogt 
durch einen Pfeilschuß, worauf die Schweizer das verhaßte Joch 
abschüttelten. 
Die Entwicklung der Sage läßt sich schrittweise verfolgen. In 
abschließender Gestalt finden wir sie bei Tschudi im 16. Jahrh., der 
zuerst Albrecht für die Bedrückungen verantwortlich macht. Die 
angebliche Tat Tells hat wohl einen myfhischen Hintergrund, Sagen 
von berühmten Schützen finden wir in Asien, Holstein, Dänemark, 
Norwegen, am Rhein usw.; ihnen liegt vermutlich die indogerma- 
nische Vorstellung vom Kampfe des lichten und des finsteren Ele- 
mentes zugrunde. (Vgl. Siegfried und Hagen und S. 5.) 
b) Die Geschichte, Die Urkunden belehren uns, daß die 
Schweizer die Angreifenden waren. Die Bildung der Schweiz ging 
von den Waldstätten oder Urkantonen Schwyz, Uri und Unterwalden 
aus. Da die beiden ersteren und das östliche Unterwalden zum 
Zürichgau, das westliche Unterwalden zum Aargau gehörten, unter- 
standen die Freien in diesen Landschaften der Grafengewalt der 
Habsburger. Nun waren aber die Bewohner Uris und Unterwaldens 
größtenteils Hörige, teils der Habsburger, teils verschiedener Klöster ; 
über diese Bewohner übten die Habsburger entweder als Grund- 
herren oder als Vögte mehrerer Klöster die Gerichtsbarkeit aus. Auf 
diese dreifache Stellung gestützt, konnten sie daran denken, sich ein 
geschlossenes Territorium zu schaffen (S.121). Dies verhinderten 
Uri, dessen Bevölkerung König Heinrich auf ihre Bitte dem Reiche 
unmittelbar unterstellte, und Schwyz, das vom Kaiser dieselbe 
Stellung erhielt.! Als Rudolf König wurde, war die Rechtsfrage 
gleichgültig; dagegen schlossen gleich nach seinem Tode Uri, Schwyz 
und. Niedwalden (das östliche Unterwalden) einen „Ewigen Bund“ 
1 Diese Freiheitsbriefe (1231 und 1240) wurden wahrscheinlich durch das 
Bestreben Friedrichs II. veranlaßt, die Gotthardstraße, die kurz vorher er- 
öffnet worden war, zu beherrschen.
	        
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