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70. Kaiser Marcus Aurelins. + 180.
Eigenschaften Marcus Aurelius, ein Pflegesohn des Antoninus
Plus, hatte eine vortreffliche Erziehung genossen und war seinen Lehrern
stets dankbar. Da er durch Selbst¬
betrachtung die rechte Ansicht
über das Leben zu gewinnen
suchte, so gab man ihm den Bei¬
namen: „ber Philosoph oder der
Weise." Er liebte ein einfaches
Leben und schlief auf einem harten
Lager. Niemand durfte zum Tode
verurteilt werden, ehe der Kaiser-
selbst die Anklage untersucht hatte.
Doch leider ließ er die Christen
verfolgen.
Krieg mit den Marko¬
mannen. Zu seiner Zeit drangen
die Markomannen und Quaden,
deutsche Völker an der Donau,
gegen das römische Reich vor.
Sie zogen bis ans adriatische
Meer und belagerten die Stadt
Aquileja. Der Kaiser ließ alle
Römer, die nur Waffen tragen
konnten, zum Kampfe aufbieten. Ja, er verkaufte die Kostbarkeiten seines
Palastes, um die Kosten des Feldzuges bestreiten zu können. Es gelang,
die Markomannen zurückzudrängen und sie in ihrem eigenen Lande heim¬
zusuchen. Hier wurde der Kaiser jedoch einst in einer öden und wasser¬
armen Gegend von Feinden eingeschlossen, unb bas Heer war nahe baran
zu verschmachten. Da erhob ber Kaiser bte Hänbe betenb zum Himmel,
unb es entlud sich balb ein Gewitter, unb ber Regen goß in Strömen
herab. Die Soldaten fingen bie Regentropfen in ihren Schilden auf,
unb nachbent sie sich erfrischt hatten, griffen sie ben Feinb an unb schlugen
ihn. Der Kaiser erlebte bas Enbe bes Krieges, ber viele Jahre bauerte,
nicht. Er starb zu Biubobona (Wien).
71. Das Christentum.
Gründung des ^yristentnms. Durch bie Lehre Christi würbe eine
neue Religion gestiftet, welche bem Herzen ben verlorenen Frieden wieder¬
zugeben vermag. Das innere Reich des Friedens war dem Altertum trotz
aller griechischen Weisheit und Kunst verborgen. Das Volk betete und
opferte vor Götzenbildern; es fühlte aber, daß diese Götter ihm nichts
helfen konnten. Die Festaufzüge und Opfer, die Wahrsagerei und Zeichen¬
deuterei waren den Priestern selbst zum Spott geworden. Die ehrfurchts¬
volle Scheu vor der Übermacht der Götter, welche auch den Kühnsten und
Mächtigsten erfüllt hatte, war von Rom gewichen. Mit dem Verfall von
Rom nahmen Verbrechen in grauenerregender Weife überhand. Wilde
Bürgerkriege traten Menschenwürde und Menschenrechte mit Füßen und
vollendeten das Elend des gottentfremdeten Volkes. In dieser Not sehnten
sich alle tieferen Gemüter nach reiner Gotteserkenntnis und Gottesverehrung.
All dies Sehnen und Hoffen aber wurde durch die Gründung der christ¬
lichen Religion in den gläubigen Herzen gestillt.