Die Völkerwanderung.
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auf die Völker an der Donau; mehrere — Markomannen und Quaden —
durchbrachen die römische Grenzwehr und schlugen sich bis Oberitalien
(Aqnileja) durch. Nach laugen schweren Kämpfen gelang es dem Kaiser
Marc Aurel, die einzelnen Völkerschaften zurückzudrängen, aber den Bitten
um Land gab er in etwa nach, indem er ihnen Wohnsitze im römischen
Grenzgebiet anwies, wogegen sie Heeresfolge leisten mußten. Sein Nach¬
folger Commodus gab die römischen Befestigungen in diesem Gebiet auf
und räumte ihnen weiter Land ein.
. So kam die Bewegung zum Stillstand, aber im folgenden Jahr-
hundert erschienen die Goren, durch viele andere Völkerschaften verstärkt,
an der unteren Donau und dem Schwarzen Meere und verbreiteten auf
der Balkanhalbinsel und in Kleinasien großen Schrecken. Aurelian räumte ca. 270.
ihnen Dazien (Rumänien) ein.
Auch die Westgermanen gerieten in Bewegung. Der Kampf gegen
die Römer zwang sie zu festerem Zusammenschluß. So traten an die
Stelle der einzelnen Völkerschaften größere Bündnisse. 1. Die Ala¬
mannen (vereinte Männer oder Männer des Heiligtums?) am oberen
Maiu, nördlich des Grenzwalles; sie durchbrechen den limes, erobern
das Zehntland und setzen sich zu beiden Seiten des Oberrheins bis zum
Bodensee hin fest. 2. Die Franken (Freie oder Kühne?) am Nieder¬
rhein dringen bis zur Maas und Schelde vor; sie zerfallen in falifche
(sal = Meer), ripuarische (am Rheinufer wohnende) und Chatten (Ober¬
franken au der Lahn und Mosel). 3. Die Sachsen (sahs — Streit¬
messer), an Ems, Weser und Elbe; sie können sich nicht nach Westen und
Süden ausbreiten, sind daher auf das Meer angewiesen und streifen bis
zu den Küsten Britanniens und Galliens.
Noch einmal wurde dem Vordringen der Franken und Alamannen
durch den tatkräftigen späteren Kaiser Julian Halt geboten; er vertrieb
die Frauken aus Gallien, eroberte Cöln zurück, schlug die Alamannen bei JuUa.^siegt
Straßburg und unternahm einige Verwüstungszüge auf das rechte Rhein- Straßburg.
ufer. Aber sobald Julian das Land verließ, drangen die Alamannen
wieder vor. Unaufhaltsam vollzieht sich jetzt eine allmähliche ©erntet-
nisiernng des römischen Reiches. Sowohl einzeln, als auch in ganzen
Völkerschaften werden Germanen innerhalb des römischen Reiches nament¬
lich in den Grenzländern angesiedelt; immer zahlreicher treten Germanen
in das Heer ein; bald werden ihnen auch die Ofsizierstelleu zugänglich, ja
Germanen gelangen zu den leitenden Stellungen im Heer und auch in
der Verwaltung des Staates. Die Germanen hatten erreicht, was sie
erstrebten, Land und Brot. Da trat ein Ereignis ein, das einen neuen
Ansturm gegen das Römerreich zur Folge Hatte und zwar wieder zunächst
im Osten.
§ 8. Der Einfall der ßunnen. Wanderungen der Westgoten. 312-
Im Jahre 372 brachen die Hunnen, ein rohes Reitervolk mongolischen der Hunnen.