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Die Zeit der fränkischen Herrschaft.
der anderen besonders zu bevorzugen, rief einen Aufstand seines Sohnes
Ludwig hervor. Auf hem Feldzuge gegen diesen starb der Kaiser bei
841. Ingelheim; auf dem Totenbette verzieh er seinen Sohn Ludwig, die Reichs¬
insignien sandte er an Lothar.
§ 32. Ueilung des Frankenreichs, a) Durch diese verschiedenen
Reichsteilungen und Kämpfe war den einzelnen Völkern und Stämmen
ihre Eigenart wieder zum Bewußtsein gekommen. Ludwig der Deutsche
hatte im Osten bei den germanischen Stämmen festen Fuß gefaßt, ebenso
gelang es Karl, die Romanen im Westen für sich zu gewinnen. Beide
vereint schlugen Lothar, der die volle Kaisergewalt für sich beanspruchte, bei
842. Fonteuoy und verbanden sich und ihre Völker fest durch den Eid zu Straß-
z^Ärdun bürg 1). Nun mußte Lothar nachgeben. Im Vertrage zu Verdun er-
843. hielt Ludwig Ostfranken — das Gebiet rechts des Rheines nebst den
Bistümern Speyer, Worms und Mainz auf dem linken Ufer; Karl II.,
der Kahle, Westfranken — das Gebiet westlich von Maas, Schelde und
Rhone; der Kaiser Lothar behielt nur das dazwischen liegende Gebiet von
Friesland bis nach Italien hin. Der Grundsatz der Erbteilung hatte
Über die Reichseinheit gesiegt. Ostfranken mit germanischer und West¬
franken mit romanischer Bevölkerung entwickelten sich allmählich zu selb¬
ständigen Reichen, während das Reich Lothars den Keim der Auflösung
in sich trug.
b) Diese Auflösung wurde beschleunigt durch Erbteilungen. Noch
vor seinem Tode teilte Lothar I. das Reich unter seine drei Söhne
und zog sich dann in das Kloster Prüm zurück. Als sein jüngster Sohn
Lothar II., der das nach ihm benannte Gebiet von der Nordsee bis zu den
Alpen besaß (Lotharingen), starb, teilten sich feine beiden Oheime Ludwig
^Mers?u"^er Deutsche und Karl der Kahle zu Merfeu so in das Reich, daß Ludwig
870. die größere Osthälfte mit Metz, Aachen, Straßburg und Bafel mit über¬
wiegend germanischer Bevölkerung, Karl der Kahle die Westhälste erhielt.
Der Rhein von der Quelle bis zur Mündung gehörte zum ostfränkifchen
Reiche. Nach dem Tode Ludwigs des Deutschen versuchte Karl der Kahle
den Rhein zur Grenze seines Reiches zu machen, aber sein Heer wurde
87«. bet Andernach von Ludwig III., dem tapferen Sohne Ludwigs des Deutschen
geschlagen; Ludwig bemächtigte sich sogar später der an Westfranken ge¬
fallenen Hälfte Lothringens.
c) Da Ludwig keine Kinder hinterließ, ging Ostfranken ganz auf
befiufe feineu Bruder Karl III. — später der Dicke genannt —, der von Jngend
884 87. auf kränklich war, über. Er erwarb nicht nur die Kaiserkrone, die nach
dem Tode Ludwigs II.. des ältesten Sohnes Lothars I., der schlaue Karl
der Kahle an sich gerissen hatte, sondern auch Westfraukeu, dessen Große
ihm die Krone wegen der Normannennot übertrugen. So vereinigte er
') Diese Straßburger Eide find auch wichtig als Sprachdenkmäler.