—; 38 — 
Sie war es auch, die in dem Herzen des Sohnes den Grund legte zu dem 
felsenfesten Gottesglauben und dem unbeugsamen Gottvertrauen, das im 
Glücke ihm die kindliche Demut bewahrte, im Unglücke aber und im Leid 
ihm Zuversicht und Trost gewährte. Dabei verkümmerte weder Vater noch 
Mutter dem Knaben die sorglose Jugendzeit. Es war ein prächtiges Stückchen 
Erde, wo er sie verleben durfte. Am Hause ein Garten voll seltener Bäume; 
Thäler, von Weingeländen und stolzem Hochwalde umschlossen, dazu die 
Höhen mit den altersgrauen Burgen, das waren die Tummelplätze, wo der 
Knabe sich das erste Erfordernis eines thatenvollen Lebens, einen starken, 
kraftvollen, den Beschwerden gewachsenen Körper gewann. Sechzehnjährig 
bezog der Jüngling die Universität Göttingen, um die Rechtswissenschaft zu 
studieren. Nach Vollendung seiner Studien ließ er sich beim Reichsgericht 
in Wetzlar anstellen, um mit seinen Kräften dem Vaterlande zu dienen. Ein 
fürstliches Vermögen setzte ihn in den Stand, ein behagliches Genußleben zu 
führen; er zog den Weg mühfamer Arbrit vor. Unbefriedigt von den Zu¬ 
ständen in Wetzlar, ging er auf Reifen, die ihn 1780 auch nach Berlin führten. Der 
preußische Staatsdienst heimelte ihn an; er ließ sich beim Berg- und Hütten¬ 
wesen anstellen. Und obfchon dieses Fach dem Dreinndzwanzigjährigen 
vollständig fremd war, hatte er sich doch binnen 2 Jahren soviel Kenntnisse 
angeeignet, daß er zum Oberbergrat ernannt wurde. Schon nach weiteren 
2 Jahren wurde ihm die Oberleitung des Berg- und Hüttenwesens in der 
Provinz Westfalen übertragen. Die Provinz ward ihm lieb, und gern wurde 
er dann ihr erster Beamter. Dem neuen Oberpräsidenten fiel eine schwere 
Aufgabe zu. Er sollte die Besitzungen, die durch den Luneviller Frieden an 
Preußen gekommen waren, mit dem Stammlande verschmelzen und den Neu¬ 
gewonnenen die preußische Herrschaft lieb machen. Um so schwerer war diese 
Aufgabe, weil es galt, die Abneigung der Katholiken gegen das protestantische 
Preußen zu überwinden. Aber es gelang. Inniger Dank der Bevölkerung 
folgte ihm nach, als König Friedrich Wilhelm III. ihn 1804 als Finanz¬ 
minister nach Berlin berief. 
Amt- und heimatlos. 
Es war kein leichtes Amt, zu dem der König ihn gerufen; noch schwerer 
ward's durch die Kriegswirren, die Stein klaren Blickes heranziehen sah. Mehr 
denn andere erkannte er, daß Frankreich sein Preußen nur demütigen wolle; er 
riet darum schon 1805 zum Kriege. Dann kam 1806 mit seinen Nieder¬ 
lagen. Noch in letzter Stunde rettete der Minister die Staatskassen nach 
Königsberg, wohin er seinem unglücklichen Könige dann selber folgte. Der 
König ging von hier nach Memel. Stein war bereit, dorthin zu folgen; da 
erhielt er zu Anfang des Jahres 1807 ein Schreiben, das ihn mit deutlichen 
Worten drängte, seinen Abschied zu nehmen. Steins Feinde hatten endlich 
doch das Ohr des Königs gewonnen! Nicht bloß in Preußen aber konnte 
man es nicht begreifen, wie der König einen seiner treusten Räte entließ zu 
einer Zeit, wo der Staat doch ganze Männer nötig hatte wie nie. Der 
Entlassene zog sich auf seine Güter zurück, um hier seine geschwächte Gesund¬ 
heit zu kräftigen. Neue Schlachten wurden geschlagen, verloren. Der Friede
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.