Full text: Das Altertum (Bd. 1)

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Sogleich zeigte sich, wie klug die Vermehrung der Ritter gewesen 
war. Diese ritten nicht blos auf den Flügeln das feindliche 
Fußvolk nieder, sondern machten auch durch kräftige Verfolgung 
den Sieg vollständig. — Aber die Rachegeister, welche Tar- 
quinius durch den Bruch des Vertrauens über sich heraufbe¬ 
schworen hatte, schlummerten nicht. Die Söhne des Ancus, 
welche es tief beklagten, daß ihnen die Herrschaft entrissen 
worden war, dangen zwei Hirten zur Ermordung des Thron¬ 
räubers. Diese kamen scheinbar in erbittertem Streite bis in 
den Vorhof der Königsburg; die Diener konnten sie nicht zur 
Ruhe bringen, und so drang der Lärm bis in die inneren 
Gemächer. Tarquinius eilte selbst als oberster Richter die 
Sache zu schlichten. Während nun der eine mit ihm sprach 
und dadurch die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zog, spaltete 
ihm der andere mit dem Beile den Schädel. Der Streich war 
so gut gezielt, daß der König nach kurzer Zeit seinen Geist 
aufgab. 
5. Servius Tullius. 
Während das Volk den Palast des sterbenden Fürsten 
teilnahmsvoll nmgal), befahl die kluge und entschlossene Tana- 
qutl die Pforten zu schließen und ihren Schwiegersohn Servins 
Tullius zu rufen. 
Servius stammte aus der fürstlichen Familie einer latinischen 
Stadt; sein Vater hatte den Kampf gegen die Römer mit dem 
Leben bezahlt und feine Mutter war in Gefangenschaft geraten; 
bald darauf erblickte Servius das Licht der Welt. Von einer 
Sklavin geboren schien der Knabe selbst zum Sklaven bestimmt 
zu sein. Wegen seiner hohen Abkunft wurde er wenigstens 
unter die Diener des königlichen Hauses ausgenommen und bald 
zeigte sich hier, wie die Götter selbst ihn begünstigten. Denn 
einst sah man sein Haupt wie von einer Flammenkrone um¬ 
geben, und Tanaquil schloß daraus, daß Servius zu Großem 
bestimmt sei. Fortan wurde er wie ein Freigeborener behandelt 
und erzogen. Allgemach wuchs er zum trefflichsten und herr¬ 
lichsten Jünglinge in Rom heran, so daß Tarquinius ihm seine 
Tochter vermählte. —• Diesen ihren Schwiegersohn ließ Tana¬ 
quil zu sich bescheiden und forderte ihn auf, die Königskrone 
nicht den Urhebern des Meuchelmordes zu überlassen, sondern 
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