Object: Vaterländische Geschichte

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Kaiser zwang, die Gefangenen herauszugeben. Die langen Kämpfe wurden 
beendet durch den Augsburger Religionsfrieden (1555), in welchem den 
Protestanten freie Religionsübung zugestanden wurde, nur wurde bestimmt, 
daß ein geistlicher Fürst, der zum Protestantismus übertrat, sein Amt 
niederlegen und sein bisheriges Land verlieren sollte. Diese Bestimmung, 
der sogenannte geistliche Vorbehalt, ist die Hauptursache des 30 jährigen 
Krieges geworden. 
Karl V. aber, der Herr unermeßlicher Gebiete, trat die Kaiserwürde 
und die deutschen habsburgischen Länder an seinen Bruder Ferdinand, 
Spanien nebst Amerika, die Niederlande, Mailand und Neapel an seinen 
Sohn Philipp II. ab, zog sich in das Kloster San Just zurück („Der 
Pilgrim von San Just" von Platen) und starb daselbst 1558. 
Die Reformation in anderen Ländern. Gleichzeitig mit Luther 
stand in Zürich Ulrich Zwingli auf und stiftete die reformierte Kirche. 
In Genf verkündete Calvin auch eine neue Lehre, deren Anhänger sich 
ebenfalls Reformierte nannten; auch England und Schweden trennten sich 
bald von der katholischen Kirche. 
Die Bauernkriege und die Schwärmer. Die Lage des Bauern¬ 
standes war immer erbärmlicher geworden. Der Lehensherr, der neben 
dem reichen Kaufmanne fast ärmlich erschien, wollte die Pracht der 
Städter nachahmen und legte zu dem Zwecke den abhängigen Bauern 
immer unerschwinglichere Lasten auf. Kein Wunder, daß ein tiefer Groll 
sich der Gemüter bemächtigte, daß man den Prophezeiungen von der An¬ 
kunft besserer Zeiten immer williger sein Ohr lieh und mit einer wahren 
Gier Schriften und Bildwerke verschlang, in denen der Untergang der 
alten Weltordnung vorhergesagt oder bildlich dargestellt wurde. So gährte 
es seit Jahrzehnten in den Bauernmassen; es brachen bald hier, bald dort 
blutige Aufstände aus, und die Hinrichtung der Führer mehrte nur noch 
den Groll. Waren bis dahin die Ausstände nur auf eng begrenzte 
Bezirke beschränkt, so schlossen sich bald größere Massen zusammen und 
stellten in zwölf Artikeln zusammen, was sie abgestellt wissen wollten und 
forderten. Die Freiheit des Christenmenschen in Glaubens- und Gewissens¬ 
sachen, die Luther verkündet hatte, verstand der Bauer in seinem Sinne, 
er begriff darunter die weltliche Freiheit von Fronden und Steuern. Die 
Bauern wollten nur den großen Zehnt (nach dem Herkommen die 15., 
20. oder 30. Garbe) geben, den Viehzehnt aber nicht, „denn Gott der Herr 
hat das Vieh frei dem Menschen erschaffen " Sie wollten nicht mehr für 
„Eigenleute" gelten und forderten Wildbret, Geflügel und Fische als Ge¬ 
meingut. Sie fühlten sich auch beschwert der Beholzung wegen, „denn 
unsere Herrschaften haben sich die Hölzer allein zugeeignet." Sie „haben 
auch eine harte Beschwerung der Dienste halb, die von Tag zu Tag ver¬ 
mehret werden und täglich zunehmen; darum sollen die ungemessenen 
Fronden in gemessene verwandelt werden." 
^ , Sie verlangen „gerechte Justiz". Sie wollen „den Brauch, genannt 
Todsall (das beste Haupt Vieh fällt beim Tode des Hörigen an den Herrn) 
ganz und gar abgethan haben, nimmer leiden, daß man Witwen und
	        
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