Full text: Meine Wanderungen und Wandelungen mit dem Reichsfreiherrn vom Stein

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und zu lösen, schwerste Fragen zu erörtern, geschwindeste 
Bereitungen und Rüstungen gegen Deutschland und den 
Westen hinaus zu machen: denn das wußte man wohl, 
Napoleon, welchen man hundertfünfzig Meilen Flucht durch 
deutsche Grenzen in einem einsamen Schlitten unbeschädigt 
hatte entrinnen lassen, werde daheim nicht schlummern und 
schlafen, der gewaltige Löwe w^erde seine Stimme in den 
deutschen Wäldern schon wieder ertönen lassen. Stein 
träumte, wußte, dachte Tag und Nacht nichts anderes als 
Erhebung und Aufstand des ganzen deutschen Volks gegen 
den bösesten Feind, alsbaldigstes Bündnis zwischen Kaiser 
Alexander und König Friedrich Wilhelm und dann geschwin¬ 
desten Marsch über Weichsel und Oder zur Elbe und zum 
Rhein. 
Hier in Königsberg öffnete sich nun der Anfang des 
künftigen deutschen Volkskrieges, hier sahen alle deutsche 
Hoffnungen auf die Gerüchte von Napoleons Unglück und 
Steins Ankunft in Preußens Grenzen, und schon waren aus 
Berlin, Dresden und ändern Orten manche wackere deutsche 
Männer und Degen mitten durch die französischen Heer¬ 
haufen hingurchgedrungen, zu schauen und zu erkunden und 
den Freunden jenseits im Westen zu berichten und zu er¬ 
zählen. 
In Preußen mußte und wollte Stein mit seiner Begeiste¬ 
rung die Dinge mit der Blitzgeschwindigkeit seiner Natur 
anfassen und treiben und fortstoßen, und zwar in einer un¬ 
tröstlichen Lage. Alles lag, ging und lief hier ja, wie ich 
oben angedeutet habe, gegen- und durcheinander, preußische, 
russische Kriegsscharen, weder Freund noch Feind, durch¬ 
einandergemischt, der Befehlshaber der preußischen Scharen, 
General York, als Verräter und Aufrührer von seinem Könige 
geächtet — man wußte nicht, ob bloß aus diplomatischem 
Schein oder aus Meinung der Tat — das Land selbst durch 
die Heereszüge seit dem Frühling des Jahres 1812 \on dem
	        
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