Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters (H. 2)

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III. Das Deutsche Reiä, des Mittelalters. 
In Spanien, Portugal und England wurden diese Orden nach¬ 
geahmt. 
Wirkung auf den Bauernstand. Auch auf deu Bauernstand wirkten 
die Kreuzzüge ein. Die Leibeignen der großen Grundbesitzer liefen 
scharenweise zn den Kreuzfahrern; denn die Teilnahme an einem Kreuz¬ 
zuge verschaffte ihnen die Freiheit. Da es dadurch den Großgrundbesitzern 
an Leuten fehlte, um ihre Güter selbst bewirtschaften zu lassen, waren sie 
gezwungen, Teile zu verkaufen oder zu verpachten. Es entwickelte sich 
dadurch der wichtige Stand der Kleinbauern. 
Belebung des Handels. Die Fahrten nach dem Morgenlande gaben 
dem Handel neuen Aufschwung. Die Färberei und die Weberei, vor 
allem die Seidenweberei wurden im Abendland eingeführt. Der Safrau, 
der Alaun, vielleicht der Indigo kamen nach Europa, das Zuckerrohr 
wurde iu Europa angepflanzt. Seidne Kleider, Gewürze und Rauchwerke 
des Morgenlandes waren schon im karolingischen Zeitalter nach Europa 
gekommen, allein sie waren mir an die Höfe der Fürsten gebracht worden; 
jetzt kamen sie bis in die mittlern Gesellschaftsklassen. Dafür wurden 
die Kunstprodukte Italiens, Deutschlands und der Niederlande nach dem 
Morgenlande ausgeführt. Der Aufschwung des Handels kam hauptsächlich 
den Städten zugute. Hier entwickelte sich ein reicher Kaufmannsstand; 
die Städte wurden wohlhabend und machten sich unabhängig von ihrem 
Landesfürsten; mitten im Gebiet eines Herzogs oder Bifchofs liegend, 
kämpften oder kauften sie sich von dessen Untertanenverbande los und 
wurden Freie Reichsstädt e, die nur den Kaiser als ihren Oberherrn 
anerkennen. 
Der Schiffsverkehr mit dein Morgenlande hat die Entwicklung des 
Seerechtes zur Folge. 
Wirkung auf die Verwaltung. Auf dein Gebiete der Verwal- 
tnng und Polizei war das Morgenland dem Abendlande überlegen; 
was das Morgenland darin Gutes hatte, wurde im Abendlande nach¬ 
geahmt. 
Wissenschaftliche Erfolge. Nicht minder wichtig sind die Folgen für 
die wissenschaftliche Weiterbildung des Abendlandes. Griechische 
und arabische Wissenschaften wurden im Abendlande gepflegt, die geo¬ 
graphischen Kenntnisse erweitert, die Tier-, Pflanzen- und Mineral¬ 
welt des Morgenlandes in Europa bekannt. Der venezianische Kauf¬ 
mann Marco Polo durchreiste 26 Jahre lang Asien und lernte fast 
alle Länder Mittel- und Südasiens kennen. Die Inseln des Indischen 
Ozeans und China hat er besucht. Den Geschichtschreibern, Dichtern 
und Sängern lieferten die Kreuzzüge geeigneten Stoff zu anregenden 
Darstellungen. In Bologna, Paris und Neapel entstanden Universi¬ 
täten, in denen das ganze geistige Leben und Streben der Zeit seinen 
Mittelpunkt und seine Weiterentwicklung fand.
	        
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