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alte Adel der Gesinnung verloren, und die schönen Künste feierten da noch
mit der Poesie ihre Blüthenzeit. Welche herrliche Gemälde sind z. B.
Calderon's Schauspiele! Als aber Inquisition und Herrschergewalt die
Männer Spaniens immer tiefer beugten, sanken auch die Weiber mehr zu
sinnlichen Geschöpfen herab.
Nicht so nachtheilig wirkte diese Zeit auf die brittischen und deut¬
schen Frauen. Von der Königin Elisabeth haben wir schon gesprochen
Shakespeare's und auch Milton's weibliche Charaktere sind gewiß
nicht durchaus Ideale, und eine verdorbene Zeit spiegelt sich auch in ihren
Dichtungen ab. Der Puritanismus aber verwandelte die weibliche Sitt-
samkeit in widerwärtige Sprödigkeit und wahre Heuchelei und wir wenden
uns mit Abscheu von den schottischen Weibern ab, welche die unglückliche
Maria Stuart mit Furienwuth verfolgten und dann später den Dechan¬
ten und Bischof von Edinburg wegen des weißen Chorhemdes mit Koth
warfen.
In Deutschland, das während des 30jährigen Krieges durch Spanier,
Italiener, Niederländer, Dänen, Schweden, Böhmen und Ungarn ver¬
wüstet wurde, zeigt sich bei dem ganzen Volke keine Tugend in höherem
Glanze als die — Geduld. Wenn man die zahllosen Kirchenlieder liest,
die damals gedichtet und gesungen wurden, kann man sich der Rührung
nicht erwehren, wie die frommen Menschen das namenlose Elend für eine
Strafe Gottes ansahen, und immer freudiger und stärker im Glauben
wurden, je mehr sie duldeten. Daß sich in dieser Geduld die Frauen,
denen diese Tugend ohnedies natürlicher ist als den Männern, ganz vor¬
züglich auszeichneten, braucht nicht gesagt zu werden. Trotz der wilden
Soldatensitte, die sich ungestüm in die stillen Häuser eindrängte, wich die
deutsche Zucht und Sittsamkeit nicht von den Frauen und die gemeinen
Dirnen, welche den Kriegsheeren nachliefen, können hier nicht in Betracht
kommen, denn nur der Mittelstand, der Adel und die Fürstenhäuser bil¬
deten den deutschen Charakter. Herrliche Bilder sind aus diesen Ständen
in den Chroniken auf unsere Zeit gekommen! Von der edlen Landgräfin
Amalie von Hessen ist schon geredet worden; wie Schade, daß sie nicht
die Gattin des zu früh verstorbenen Herzoges Bernhard von Weimar
werden konnte! Noch aber müssen wir eine andere Fürstentochter erwähnen,
der es beinahe geglückt wäre, dem deutschen Reiche eine ganz andere
Gestalt zu geben, — wir meinen die Gräfin Agnes von Mansfeld,
welche ebenso liebenswürdig als tugendhaft die Liebe des Erzbischofes Geb¬
hard von Cöln gewann, so daß er sich im Jahr 1582 mit ihr ver¬
mählte, nachdem er vorher öffentlich zum Protestantismus übergetreten
war. Er glaubte dieses um so mehr thun zu können, da beinahe die
ganze Bürgerschaft von Cöln der evangelischen Lehre zugethan war und
unablässig die Einführung derselben verlangte. Auch verließ er sich auf
seinen Freund, den Pfalzgrafen Johann Casimir, der ihn mit den