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Vaterländische Dichtungen.
Zu Münster, in der uralten Stadt,
Da ward der Friede beschworen,
Der Deutschlands Größe gekostet hat.
Das Volk stund vor den Thoren.
Das Volk stund vor dem goldnen Saal
Und sah die Gesandten von Schweden:
Sie saßen und tranken beim üppigen Mahl
Und hielten französische Reden.
Sie schnitten in Stücke den Apfel des Reichs,
Sie nahmen sich prächtige Bissen
Und speisten vergnüglich die Hechte des Teichs —
Vom Volke wollt' niemand was wissen.
Das Volk der dreißigjährigen Not
Sah durch die Fensterscheiben,
Als Friedensquittung und Drangebot
Der Großen sich verschreiben.
Da schlug es wild die Thore zu
Und ward sodann vergessen,
Und alsbald ward die Totentruh'
Dem Riesen angemessen.
Das Volk, von Krieg und Jammer müd',
Sang nimmer zur Krönung in Aachen
Das alte gewaltige Heldenlied,
Man sprach jetzt andre Sprachen.
Vorüber schlich sich Tag um Tag,
Provinzen gingen verloren,
Im Sterbebett der Kaiser lag,
Das Volk stund vor den Thoren.
Hermann Lingg.
78. Der westfälisch e Ariede.
Gottlob, nun ist erschollen
Das edle Fried- und Freudenwort,
Daß nunmehr ruhen sollen
Die Spieß' und Schwerter und ihr Mord!