Vaterländische Dichtungen.
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Da plötzlich donnert's wieder gewaltig übers Feld,
Doch nur nach einem Punkte war das Geschütz gestellt;
Hoch auf der Schimmel setzet, Herr Froben sinkt zum Sand,
Und Roß und Reiter netzet mit seinem Blut das Land.
Die Ritter alle schauen gar ernst und treu darein.
0 Froben dort am Boden, wie glänzt dein Ruhmesjchein!
Der Kurfürst ruft nur leite: „Ha, war das so gemeint?"
Und dann nach Feldherrnweise: „Nun vorwärts in den Feind!"
Julius Minding.
82. Die ZZefreiung Wiens. (1683.)
Ein Falke späht vom Felsennest
So weit, so weit ins Land;
Er späht nach Ost und späht nach West,
Hinab, hinauf den Strand.
Der Falke ist Graf Starhemberg
Hoch auf dem Stephansturm;
Doch Türken nur und Türken nur
Sieht nahen er zum Sturm.
Da rief er zorn- und kummervoll:
„Die Not, die klag' ich Gott,
Daß man mich so verlassen hat,
Dem argen Türk' zum Spott!
Nun pflanz' ich auf den Stephansturm
Die heil'ge Kreuzesfahn';
Ihr Sinken klag' den Christen all,
Daß wir dem Falle nahn.
Und sinkt die Fahrt’ vom Stephansturm,
Dann stehe Gott uns bei;
Dann decke sie als Leichentuch
Den Starhemberger frei!" —
Der Sultan rief dem Starhemberg:
„Bei Allah, hör mein Wort!
Ich roerf' die Fahn' vom Stephansturm
Und pflanz' den Halbmond dort!
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