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geängstigt, 20 Geiseln nach unserer Wahl, die wir auch heute noch gefangen
halten, weil er die versprochene Treue nicht gehalten hat. Von da brachen
wir am nächsten Sonntag auf und zogen geradeswegs gen Larandinum
(Laranda), wo wir am 1. Juni rasteten. Hier wurde inmitten der tiefen,
schweigenden Nacht die Erde von einer solchen Erschütterung heimgesucht,
daß wir glaubten, es seien die Scharen der Türken über uns gekommen.
Wir meinen aber, es sei dies ein Vorzeichen für das Schicksal gewesen,
das den Herrn Kaiser treffen sollte.
2. Des Kaisers Ende. Indem wir von da vorrückten, zogen wir
nach dem Saleph, wo wir eine solche Wildheit und Schwierigkeit des
Weges beim Überschreiten des Gebirges fanden, daß wir nur unter dem
größten Verlust an Gepäck den Saleph an einem Sonntage (10. Juni)
erreichen konnten. An demselben Tage durchritt der Herr Kaiser zur Ab¬
kürzung des Weges ein reißendes Wasser in den Thälern des Gebirges
und kam wohlbehalten an das andere Ufer. Als er hier gespeist hatte,
gedachte er, nach den unzähligen und unerträglichen Mühen, die er schon
einen Monat lang erduldet hatte, in demselben Flusse zu baden und sich
durch Schwimmen zu erfrischen. Hierbei ertrank er nach Gottes Ratschluß.
Ein beweinenswertes, unerwartetes Unglück! Wir trugen seine irdischen
Überreste unter gebührender Verehrung mit uns hinweg und gelangten so
nach der berühmten Stadt Tarsus. Von da zogen wir weiter gen Antiochia
und erlitten großen Verlust an unserer Habe. Sechs Wochen lang hatten
wir Mangel an Lebensmitteln, weil Käufliches nicht gefunden wurde. So¬
viel über unsere vielen Fährlichkeiten, wiewohl wir nur weniges an euch
zu schreiben unternommen haben. Für die Zukunft erwarten wir Trost
von der Barmherzigkeit Gottes.
29. Äus frißisritfis II. #vied>nsgefefj. (15. August 1235.)
(Die „Größten Kölner Jahrbücher" schreiben zum Jahre 1235: „Ein feierlichster Reichstag
wird auf Maria Himmelfahrt in die Umgegend von Mainz angesagt; dort kamen fast
alle Fürsten des deutschen Reiches zusammen: der Friede wird beschworen, alte Rechte
befestigt, neue eingesetzt und, in deutscher Sprache auf Pergament geschrieben, allen
verkündigt.")
Friedrich der Zweite, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer, immer
Augustus, von Jerusalem und Sicilien König.
Da wir der kaiserlichen Hoheit Thron durch den Willen der gött¬
lichen Vorsehung erlangt haben, so haben wir betreffs der Leitung der
Unterthanen unsre Entschlüsse durch das doppelte Band des Friedens und
der Gerechtigkeit zu stärken getrachtet, damit hierdurch unseres Namens Ruf
etwas habe, was ihm zum Ruhme und den Untergebenen zum Heile diene.
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