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Ackerbauer, Handwerker und Kaufleute, welcHe von ihrem
Lande oder Gewerbe eine hohe Steuer zum Unterhalte des
Königs zahlen mussten. 4. Die Sudra oder die unterworfene
Bevölkerung des Landes, welche kein Grundeigenthum erwerben
durfte und auf den Höfen der Arier als Knechte diente. Ein
Theil der Urbevölkerung, welcher sich in das Dekan zurück¬
gezogen hatte und erst nach langem Widerstande mit Gewalt
bezwungen wurde, ward unter dem Namen der Paria eine
vollständig verachtete Menschenklasse. Jede Berührung mit
einem Paria entheiligt den freien Inder; Speisen und Getränke,
nur von seinem Schatten betroffen, gelten als unrein.
2. Die Religion. Ursprünglich verehrten die Inder
die Naturkräfte; der blaue Himmel, der Blitz, Donner, Regen
und Wind wurden vergöttert. Aber schon früh erkannten die
Priester die Einheit der göttlichen Kraft. Aus dem Gotte
Brahma entstand als Ausfluss seines Wesens die Welt,
welche nicht durch das Schöpferwort geschaffen, selbst ein
Theil Gottes ist. Indess nicht in allen Gegenden war die Auf¬
fassung des obersten Gottes dieselbe. Im Gangesthal wurde
der Gott als Vischnu, im Industhal als Qiva verehrt. Die
Priester verschmolzen diese Götter und erklärten Brahma als
den Schöpfer, Vischnu als den Erhalter der Welt und Qiva
als den Zerstörer, welcher aus der Vernichtung neues Leben
schafft. Die drei göttlichen Wesen wurden zusammen in dem
dreigestaltigen Gotte Trimurti verehrt. Daneben schuf sich
die lebhafte Einbildungskraft des Inders, welche die ganze
Natur als den Ausfluss Brahmas vergötterte, eine Menge Götter
niederen Ranges. So entstand allmählich ein vollständiger
Pantheismus.
Seelenwanderung. Der Glaube an die Unsterblich¬
keit der Seele entwickelte sich bei dem Inder zu der Lehre
von der Seelenwanderung. Jeder, der in Sünden stirbt, muss
durch eine Wiedergeburt eine lange Stufenreihe des Daseins in
verschiedenen Gestalten, selbst als Thier oder Pflanze durch¬
laufen, bis er endlich aus der Besonderheit des irdischen Le¬
bens in Brahma als die gestaltlose Allgemeinheit zurückkehi r.
Wer dieser Wanderung und der Wiedergeburt entgehen will,
der muss sich in die Einsamkeit zurückziehen und durch